Umweltptojekt:Grüner glauben

Das Exerzitienhaus der katholische Kirche in Fürstenried spart mit vielen kleinen Maßnahmen CO₂ und Müll ein - von der Butter bis zum Brunnen

Von Jakob Wetzel

Für sich genommen sind es nur Kleinigkeiten, aber in der Summe machen sie einen Unterschied. In Schloss Fürstenried, dem Exerzitienhaus der Erzdiözese München und Freising, leuchten neuerdings keine Glühbirnen mehr, sondern nur noch LED-Lampen. Der Strom ist auf Ökostrom umgestellt, die Drucker und Kopierer arbeiten nur noch mit Recycling-Papier, und die Putzkräfte verwenden ausschließlich ökologische Reinigungsmittel.

Verwaltungsleiter Anton Böck zählt weitere Punkte auf, es sind auch größere Arbeiten dabei, vor allem aber sind es viele kleine Dinge. Das Ergebnis aber kann sich sehen lassen: Der Berg an Müll, den das Haus produziert, sei deutlich geschrumpft, sagt Böck. Der Verbrauch an Strom und Heizenergie ist um jeweils rund 15 Prozent gesunken. Und das Budget, sagt Böck, halte man trotz allem ein. Das Geld für das teurere Papier und den teureren Strom zum Beispiel hole man durch Einsparungen anderswo wieder herein.

Schloss Fürstenried ist eines von sieben katholischen Bildungshäusern im Erzbistum München und Freising, die in den vergangenen zwei Jahren an ihrer Umweltbilanz geschraubt haben. Und wie: Die Kirche teilt mit, die sieben Häuser hätten ihren CO₂-Ausstoß insgesamt um mehr als ein Viertel gesenkt, die Energiekosten schrumpften um jährlich 160 000 Euro. Der Müllberg verringerte sich von 2013 bis 2015 um 14 Prozent. Eigene kirchliche Umwelt-Auditoren kümmern sich mittlerweile um Nachhaltigkeit.

Zwei Jahre ist es auch her, dass Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato Si" unter anderem den Ausstieg aus der fossilen Energie und eine Abkehr von der modernen Wegwerfgesellschaft forderte. Mit seinen Bildungshäusern will das Erzbistum zeigen, was das bedeuten kann.

Anton Böck führt durchs Haus. 302 Jahre alt wird das Barockschloss in diesem Jahr, energetisch ist ein solches Gemäuer alles andere als ideal. Viele Anbauten sind zwar jünger, aber wenig besser. Zuweilen musste die Verwaltung Hand an die Substanz legen. Hier habe man eine Decke isoliert, dort Fenster ausgetauscht, sagt Böck. In einem Trakt aus den Siebzigerjahren habe man den Teppichboden durch Holzboden ersetzt, der lasse sich leichter reinigen. Angetan hat es ihm auch der Brunnen hinter dem Schloss: Der werde nicht länger mit Chemie gesäubert, sondern mit biologischen Mikroorganismen. Jetzt seien die Becken nicht mehr so klar, aber doch sauber - und anders als zuvor würden sich dort auch wieder Enten und Singvögel niederlassen. Die gleichen Mikroorganismen verwende man im Dünger für den Rasen, sagt Böck. Dort gebe es seitdem weniger Läuse, entsprechend spare man Spritzmittel.

Böck führt in den Speisesaal für 102 Personen. Hier richte man möglichst kein Buffet mehr an, sondern bringe Wurst und Käse auf Platten zu den Tischen, sagt er - so bleibe erheblich weniger übrig, was man dann wegwerfen müsse. Die Lebensmittel kaufe man bevorzugt bei Anbietern aus dem Oberland, um lange Transportwege zu vermeiden. Und eine Tür weiter, in der Küche, achtet Küchenchef Giuseppe Corrallo darauf, dass kein überflüssiges Verpackungsmaterial über die Türschwelle kommt. Es gebe keine portionierte Butter und keinen portionierten Honig mehr, sagt er, Joghurt beziehe man nur noch in Mehrweggefäßen. Und vom Metzger bekomme man kein vakuumverpacktes Fleisch mehr, das werde jetzt in abgedeckten Wannen gebracht. So sei es genauso hygienisch, sagt der Koch und rührt in einem Risotto. "Wir bestellen das Fleisch nun eben häufiger und frischer."

Der Auslöser sei nicht der Papst mit seiner Enzyklika gewesen, sagt Hermann Hofstetter, Referent in der Umweltabteilung im Erzbischöflichen Ordinariat. Schon 2013 habe das Erzbistum ein großes Umweltschutzprojekt mit dem Namen "Wir übernehmen Schöpfungsverantwortung" begonnen. In mehreren Probeläufen wurden Leitlinien zur Nachhaltigkeit entwickelt. Nun gibt es parallel verschiedene Projekte, nicht nur für die sieben Bildungshäuser, sondern auch für die 435 katholischen Kindertagesstätten, die 23 Schulen und 750 Kirchenstiftungen und Pfarreien. Letztere würden individuell beraten, etwa von kirchlichen Energieberatern, aber auch durch Grundlagenpapiere wie das für ein "schöpfungsfreundliches Pfarrfest", sagt Hofstetter. Für Kindergärten gebe es zum Beispiel Richtlinien für eine naturnahe Gestaltung. Und an den Schulen würden die Schüler mit eigenen Projekten dabei helfen, den ökologischen Fußabdruck ihrer Schulen zu verbessern.

Denkbar seien dort zum Beispiel neue Wege beim Essen, sagt Hofstetter: Der Trend, Aufgaben zunehmend an externe Dienstleister zu vergeben, sei vorbei. Man müsse jetzt nicht überall neue Schulküchen bauen, aber anstelle eines Caterers, der zwar günstig liefert, die Lebensmittel aber ebenso billig einkauft und womöglich von weither importiert, könne man versuchen, mit Wirtshäusern vor Ort zu kooperieren. Man müsse zusehen, wie man mit geringen Investitionen möglichst viel bewirken könne. Und vieles müsse man einfach ausprobieren. Es helfe niemandem weiter, wenn man zwar die Energiewende hochhalte, dann aber nur über langfristige Projekte wie neue Stromtrassen oder energetische Sanierungen spreche, sagt Hofstetter. Die politischen Diskussionen zur Energiewende hält er für Scheindebatten. "Man kann schon mit kleinen Dingen viel bewegen, wenn man nur möchte."

In den katholischen Bildungshäusern wie in Schloss Fürstenried läuft die Umweltarbeit derweil weiter. Für Böck ist es eines der letzten Projekte: Der Verwaltungsleiter geht in wenigen Tagen in den Ruhestand. Aber seinem Nachfolger hat er noch ein paar Ideen übriggelassen. Zum einen könne der sich darum bemühen, das Haus nach dem Öko-Standard EMAS der Europäischen Union zu zertifizieren. Die anderen sechs Bildungshäuser haben das bereits hinter sich. Und auf den Flachdächern des Anbaus aus den Siebzigerjahren hätten Sonnenkollektoren Platz, sagt Böck. Mit denen könne man sich dann im Sommer die Heizkosten sparen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: