Umgang mit Bettlern:Stadtrat streitet darüber, ob es Bettelbanden gibt

Umgang mit Bettlern: Gibt es Bettelbanden oder nicht? An dieser Frage entzündet sich im Rathaus ein Grundsatzstreit.

Gibt es Bettelbanden oder nicht? An dieser Frage entzündet sich im Rathaus ein Grundsatzstreit.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie soll München mit Bettlern umgehen? Die Parteien im Rathaus haben hierzu starke Meinungen. Auf Fakten gestützt sind die kaum.

Kommentar von Dominik Hutter

Es war ein vergiftetes Geschenk. "Die Legende vom Heiligen Martin" heißt das Buch, das Grünen-Stadtrat Dominik Krause mahnend an die CSU überreichte. Damit die Konservativen nicht ganz unchristlich Stimmung machen "gegen diejenigen, die nichts haben", so der Stadtrats-Youngster. Gemeint sind Bettler, von denen viele im Verdacht stehen, Teil einer organisierten Bande zu sein.

Aus der Altstadt und dem Bahnhofsviertel wurden "gewerbsmäßige" Bettler bereits vertrieben, nun will die Stadt auch deren Hunde intensiver unter die Lupe nehmen. Denn es gibt Verdachtsmomente, dass die Tiere zum Zweck der Einnahmenverbesserung vermietet werden. Zwei Drittel aller in München kontrollierten Bettlerhunde wurden bei den immer gleichen zwei slowakischen Tierärzten geimpft. Das spricht für die Existenz einer Organisation.

CSU-Stadträtin Evelyne Menges schnappte nach Luft vor Empörung, als ihr Krause am Dienstag im Kreisverwaltungsausschuss die Leviten las. Denn die Lesart der CSU ist eine völlig andere: Die Not vieler Menschen werde in mafiösen Strukturen skandalös ausgenutzt. Die Ausgebeuteten dürften daher kein Geld verdienen, dann könnten sie aus der Spirale entkommen. Menges weiß von Bussen zu berichten, in denen Bettler an ihren Einsatzort gekarrt werden. Und von "Chefs", die den Bettlern ihren Verdienst wieder abnehmen.

Diese Aussagen sind nicht ganz unproblematisch. Denn bislang, so Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle, gibt es von der Polizei "keine validen Aussagen, inwieweit gewerbsmäßig gebettelt wird" - wenn man einmal davon absieht, dass jüngst zwei Banden ausgehoben worden sind.

Für ein seriöses Gesamtbild reicht das nicht aus. Die CSU steht also auf ziemlich dünnem Eis. Wie übrigens kürzlich schon einmal: Da beklagte Menges unter Berufung auf Tierschützer, Bettler würden ihre Hunden mit Drogen ruhigstellen.

Ein Vorwurf, der sich bei späteren Kontrollen nicht belegen ließ. In keinem einzigen Fall. Es ist also nicht ganz einfach mit den Bettlern - ein forciertes Vorgehen gegen die einen schadet immer auch denen, die eigentlich nichts dafür können. Von einem kann man allerdings auch bei den organisierten Gruppen ausgehen: Dass die, die auf der Straße sitzen, arm sind.

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