Umfrage zu Osterbräuchen:Darf's Taube sein? Oder lieber Hering?

Bunte Eier und ein Schokohase, klar, das ist Ostern. Aber nicht für jeden. Alte und neue Münchner erzählen, was für sie zum Fest unbedingt dazugehört. Das ist je nach Herkunft sehr unterschiedlich - hat aber immer mit Heimat zu tun

Es müssen nicht immer Hase und Ei sein. In vielen Ländern wird Ostern ganz anders gefeiert - mit Taube, Nusszopf oder Marzipanröllchen. Neu-Münchner haben ihre Bräuche und kulinarischen Vorlieben mitgebracht. Andere schätzen die Tradition. Und manche mögen's ganz einfach ruhig. Menschen aus München haben unserer Reporterin Viktoria Spinrad vor den Festtagen erzählt, wie sie in diesem Jahr Ostern feiern wollen.

Umfrage zu Osterbräuchen: Sohail Waseq

Sohail Waseq

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Sohail Waseq, 25, ist Sprachschüler. Er hat früher in seiner Heimat Afghanistan für die Bundeswehr übersetzt und ist dann mit einem Einwanderungsvisum nach Deutschland gekommen. Waseq lebt seit eineinhalb Jahren in München. "Das christliche Ostern fällt in etwa in die Zeit, in der wir in Afghanistan den Frühling mit Feiern, Essen und unserem traditionellen Tanz begrüßen. Also wollen wir hier in München etwas improvisieren, denn hier ist einfach mehr los als in Stuttgart, Nürnberg oder Regensburg, wo viele meiner Freunde wohnen. Und grün ist es hier auch. Außerdem habe ich Geburtstag, also gibt's einen doppelten Grund zum Feiern. Ich will meinen afghanischen Freunden München zeigen, allem voran natürlich auch die Biergärten. Wir werden im Westpark grillen, so bekommen wir unsere Gruppe von etwa 25 Leuten am einfachsten satt. Am Schönsten wird es, wenn wir afghanische Musik auf der Armonia spielen und dazu im Kreis sitzen, klatschen und nacheinander unseren traditionellen Qataghani-Tanz zeigen. Im letzten Jahr haben ein paar Deutsche, die vorbeigekommen sind, gleich spontan mitgemacht. Bei uns sind alle willkommen."

Umfrage zu Osterbräuchen: Michael Ritter

Michael Ritter

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Michael Ritter, 56, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayrischen Landesvereins für Heimatpflege. Er wohnt im Landkreis Aichach-Friedberg und arbeitet in München. "Eigentlich sind die Kinder schon aus dem Haus, aber zu Ostern kommt die Familie heuer wieder zusammen. Wir gehen Ostern recht traditionell an, dazu gehören für uns zum Beispiel auch der Besuch der Karfreitagsliturgie und der Gottesdienst in der Osternacht. Am Sonntag verwöhnen wir uns dann mit einem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück mit Osterzopf und gefärbten Eiern. Auch wenn unsere Kinder schon 20 und 27 Jahre alt sind, bereitet meine Frau für sie jedes Jahr ein kleines Osternest mit Präsenten vor. Da wir seit längerem keine Zeit für einen gemeinsamen Urlaub fanden, haben meine Frau und ich dann noch etwas Besonderes geplant: Am Ostermontag fliegen wir nach Valencia, um uns ein paar schöne Tage zu gönnen - allerdings ohne die Kinder."

Umfrage zu Osterbräuchen: Noemi Salamone

Noemi Salamone

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Noemi Salamone, 33, ist Projektmanagerin und bezeichnet sich als italienische Münchnerin. "Mein Mann und ich lieben die Natur. Deshalb geht es zu Ostern auf einen Bauernhof in Südtirol, denn dadurch können wir uns mit der italienischen Familie auf halber Strecke treffen und zusammen Ostern feiern. Normalerweise kochen wir zu Ostern selber, Ofenlamm, Risotto, eine italienische Spargelquiche - aber diesmal können wir und vor allem unsere Mütter sich zurücklehnen, denn die Betreiber des Hofes werden alles für uns vorbereiten. Dazu gehört auch die "Colomba", eine Art luftiger Gugelhupf, der in Form einer Taube gebacken wird. Nur die großen Ostereier aus Schokolade mit Überraschungsgeschenk, die italienische Kinder traditionell jedes Jahr bekommen, haben wir schon von unserem letzten Trip nach Italien mitgebracht. Am Palmsonntag werden in Italien immer kleine geflochtene Olivenzweige verteilt. Sie symbolisieren Jesus als Friedenskönig. Die Zweige hängen wir dann bis zum nächsten Ostern an unser Jesuskreuz. Und am Ostermontag feiern wir die "Pasquetta", also ein kleines Ostern, mit einem Picknickausflug - eine schöne italienische Tradition, die wir als italienische Münchner gerne beibehalten."

Umfrage zu Osterbräuchen: Petra Hulicius-Mack

Petra Hulicius-Mack

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Petra Hulicius-Mack, 31, ist Diplom-Theologin und Angehörige der slowenische Gemeinde München. "Unser Ostern ist etwas multikulti. Wir sind Münchner, aber ich habe auch slowenische und tschechische Wurzeln. In Slowenien gibt es zum Beispiel gar keinen Osterhasen, auch wenn der mit den Discountern mittlerweile schon im Kommen ist. Mein Mann mag die Osterlämmchen, ich liebe das traditionelle slowenische Ostergebäck, die "Potica", eine Art Nusszopf, den wir gemeinsam mit den Kindern an den Ostertagen backen. Wir sind beide katholisch und gehen teils in bayerische, teils in slowenische Gottesdienste hier in München. In Slowenien würde am Ostersonntag noch eine Osterfackel in die Kirche getragen, aber das verbietet hier natürlich der Brandschutz. Aber wenn am Ostersonntag in der Messe die slowenischen Gesänge angestimmt werden, geht einfach mein Herz auf. Die Lieder sind rhythmisch und fröhlich. In den letzten Jahren waren sogar Deutsche, die gar kein Slowenisch verstehen, in der Messe dabei - anscheinend erwärmen die Klänge nicht nur mein Herz."

Umfrage zu Osterbräuchen: Faridah Otieno

Faridah Otieno

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Faridah Otieno, 19, ist Sprachschülerin. Sie kommt aus Kenia. "Das ist mein erstes Ostern außerhalb von Kenia, denn ich bin erst vor drei Monaten nach München gezogen. In Kenia ist Ostern eine große Gemeinschaftsparty. Wir beten viel, es gibt Geschenke, viel Essen und lange Gespräche. Alles wird geteilt. In diesem Jahr werde ich mich mit ein paar kenianischen Freunde hier in München zusammentun und unser typisches Essen zubereiten: Einen Kuchen, der "Sima" heißt, einen Salat mit Zwiebeln, Tomate und Avocado sowie gebratenen Fisch. Am nächsten Tag wollen wir dann ein gemeinschaftliches internationales Buffet mit meinen Mitschülern aus der deutschen Sprachakademie veranstalten. Jeder soll etwas aus seinem Heimatland vorbereiten - unter anderem aus Nepal, Costa Rica, Syrien und dem Senegal. Vielleicht wird das alles etwas ungewöhnlich sein, aber meine neue Gemeinschaft hier in München fühlt sich auch nach den wenigen Monaten hier schon wie ein neues Zuhause an."

Umfrage zu Osterbräuchen: Benjamin Scharf mit Freundin Janin

Benjamin Scharf mit Freundin Janin

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Benjamin Scharf, 31, arbeitet als IT-Consultant. "Bis Ostermontag fahre ich mit meiner Freundin Janin zu meinen Eltern nach Jena. Für den Ostersonntag hat sich seit meiner Kindheit eine kleine Tradition entwickelt: Bei schönem Wetter gehen wir alle gemeinsam in die Hügel am Rande der Saale, wo wir Ostereier und Geschenke im Wald so gut wie möglich verstecken. Wenn alles gefunden ist, veranstalten wir einen kleinen Eierkampf. Außerdem spielen wir Kartenspiele und machen kleine Verkostungen. Im letzten Jahr gab's einen Nutellatest, für dieses Jahr plane ich einen Test mit verschiedenen dunklen Schokoladen. Kulinarisch geht's bei uns eher deftig zu, zum Beispiel machen wir einen Plattenabend mit Wurst, Käse, Lachs, Heringssalat und Schnapsbowle. Wenn wir dann am Ostermontag noch in die urige Talschenke einkehren, Schnitzel essen und alle um uns rum in tiefstem Sächsisch reden, denk ich mir schon manchmal: Jetzt bist du wieder in der Provinz."

Umfrage zu Osterbräuchen: Miguel Villanueva Lobato

Miguel Villanueva Lobato

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Miguel Villanueva Lobato, 27, ist Softwareentwickler mit spanischen Wurzeln. "Zur Semana Santa, der heiligen Woche, fliege ich von München zu meiner Familie und Freunden nach Burgos in Nordspanien. Wir sind nicht besonders religiös und essen entgegen der Tradition vieler Katholiken auch Fleisch, vor allem Lamm mit Kichererbseneintopf und "Huesos de Santo", kleine Dessertröllchen mit Marzipan und Mandelfüllung. Am Ostersonntag steigt in Zamora, einer Stadt nahe der portugiesischen Grenze, eine berühmte Prozession mit vermummten Leuten, Trommeln und Gesängen. Da kommt die Illusion auf, dass man sich plötzlich inmitten einer längst vergangenen Epoche befindet - ein schönes Gefühl. Zwei Tage werde ich auch im Saldaña verbringen, dem Dorf, wo meine Mutter lebt. Dort ist wirklich die Zeit stehen geblieben, aber für manche dort sind die Ostertage das absolute Highlight: In den Bars gehen dann spezielle Osterwetten los, auf die manche das ganze Jahr sparen. Kopf oder Zahl . . . Manche Bekannte haben hier schon Tausende von Euro verloren, eine Familie sogar ihr Haus."

Umfrage zu Osterbräuchen: Sabine und Philip Sedgwick

Sabine und Philip Sedgwick

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Sabine und Philip Sedgwick, 47 und 48, führen das Wirtshaus am Bavariapark auf der Schwanthalerhöhe. "Das Gute für uns Wirte ist: Wir müssen an Feiertagen nicht selber kochen. Wir werden unser Festtagsmenü im Wirtshaus am Bavariapark mit Lammkeule genießen. Auch wenn wir nebenher arbeiten, sollte es etwas entspannt sein, denn ganz so hektisch wie an normalen Wochenenden wird es nicht werden - schließlich fahren viele Münchner über die Ostertage weg. Unsere Familie wird vom Chiemsee und aus Rosenheim dazukommen. Wenn das Wetter passt, werden wir an den Nachmittagen mit unseren Kindern etwas im Westpark oder an der Isar spazieren. Richtig in den Urlaub geht es dann erst am Ostermontag - eine Woche Südtirol."

Umfrage zu Osterbräuchen: Michael Zyskowski

Michael Zyskowski

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Michael Zyskowski, 35, kommt aus Wien. Er ist Assistenzarzt in der Unfallchirurgie im Klinikum rechts der Isar. "Neben dem Oktoberfest sind die Ostertage für uns in der Unfallchirurgie die intensivsten Tage. Da ist nicht viel mit Osterfeierlichkeiten, ich muss hellwach und topfit in den Dienst. Denn an den freien Tagen schwingen sich die Leute oft erstmals im Jahr auf ihre Motorräder und Fahrräder - und landen häufiger zum Beispiel mit einer schweren Fraktur in der unfallchirurgischen Notaufnahme. Zwischen meinen beiden 24-Stunden-Schichten möchte ich mir aber auch etwas Normalität aufrechterhalten. Je nachdem, wie viele Notfälle wir am Samstag haben, werde ich am Sonntagabend Kraft für ein Essen mit meiner Freundin und ihrer Familie haben."

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