Umfrage: Olympia-Bewerbung 2018:Die Begeisterung schmilzt

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Nach einer aktuellen Umfrage ist die Zahl der Olympia-Befürworter deutschlandweit um fünf Prozent gesunken, aber die Bewerber verschweigen das lieber.

H. Effern und T. Kistner

Voller Optimismus gaben sich die Bewerber um die olympischen Winterspiele 2018 nach ihrer letzten Gesellschafterversammlung Mitte April. Ganz besonders verwiesen der Münchner Oberbürgermeister und seine Kompagnons auf die Ergebnisse der jüngsten repräsentativen Umfrage. "Eine grandiose Zustimmung", sah Christian Ude darin, und weil er gerade gut in Fahrt war, gab er den lästigen Kritikern gleich noch eins mit.

Das Ergebnis der Umfrage aus Garmisch-Partenkirchen macht Mut: 64 Prozent sind für die Winterspiele. (Foto: Foto: ddp)

"Wenn ich ein Gegner oder Olympia-Skeptiker wäre, wäre ich erschüttert oder zu Tode betrübt", spottete er. Möglicherweise etwas vorschnell. Denn die auf den ersten Blick so positiven Umfragewerte bergen so viel Sprengstoff, dass der Bewerbung ernsthafter Schaden droht: Im Vergleich zum vergangenen Herbst ist die Zustimmung für bayerische Winterspiele in München und in ganz Deutschland um etwa fünf Prozentpunkte gesunken.

Die Ergebnisse einer ersten Umfrage vom September 2009 stehen in den ersten Bewerbungsunterlagen, dem sogenannten Mini-Bidbook. Auf Seite 21 ist dort zu lesen, dass in München 75,5 Prozent der Bürger für die Bewerbung seien, in Bayern 71,6 und in ganz Deutschland 68. In der jüngsten Befragung Anfang März dieses Jahres hatte nun ausgerechnet die Stadt München den höchsten Verlust aufzuweisen.

69,6 Prozent sprachen sich nur noch für die Bewerbung aus, das ist ein Minus von 5,9 Prozent im Hauptbewerber-Ort. Ähnlich negativ zeigen sich die nationalen Ergebnisse: Von 68 Prozent im Herbst blieben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung nur noch 64. Die Bewerbungsgesellschaft teilte diesen Wert trotz Nachfrage bisher nicht mit.

"Die Chancen, den Zuschlag zu kriegen, sinken mit jedem Prozent, das die Bewerber in Deutschland an Zustimmung verlieren", kommentiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, der mit an der Spitze der Olympia-Gegner in Bayern steht.

Tatsächlich Mut macht nur das Ergebnis in Garmisch-Partenkirchen. Dort sprachen sich 64 Prozent für Winterspiele aus. Das bisher einzige Umfrageergebnis aus dem Wintersportort stammt von der FH München und lag bei 57 Prozent. Doch diesem Zuwachs steht die deutlich negative Entwicklung in München und auch deutschlandweit entgegen.

Diese entfaltet noch eine dramatischere Wirkung, wenn man den Zeitpunkt der Befragung vom 1. bis 8. März berücksichtigt. Wenige Tage zuvor hatten einheimische Sportler wie Magdalena Neuner und die Garmisch-Partenkirchnerin Maria Riesch mit ihren Goldmedaillen für eine Welle der Euphorie in ganz Deutschland gesorgt.

Am 2. März fuhren die Sportlerinnen in einem Triumphzug durch München, mehrere Tausend Fans feierten sie unter großer Medienaufmerksamkeit auf dem Marienplatz. Der Bayerische Rundfunk übertrug den Empfang live im Fernsehen.

Deshalb können auch die von Ude geschmähten Gegner der Umfrage viel Positives abgewinnen. "Je näher der Zeitpunkt der Vergabe rückt und je intensiver sich deshalb die Menschen mit dem Thema befassen, desto geringer wird die Zustimmung", sagt Hartmann.

Die Leute merkten immer mehr, dass Kosten und der Mehrwert für die Region in keinem Verhältnis zueinander stünden. Dass die Bewerbungsgesellschaft den für sie negativen Deutschlandwert nicht gerne preisgibt, überrascht Hartmann nicht. "Das ist ganz gezielte Taktik. Die gehen ganz sparsam mit Informationen um. Denn je mehr Wahrheit bekannt wird, desto mehr sinken ihre Chancen."

Zu dieser Theorie passt der Umgang der Bewerber mit einer ganz anderen Umfrage, durchgeführt von der Sportnachrichten-Agentur SID. "Dass die Unterstützung bereits jetzt - offensichtlich ohne jedwede regionale Vorbehalte - im gesamten Bundesgebiet derart hoch ist, freut uns besonders und gibt der Bewerbung kräftig Rückenwind", jubelte der Münchner OB Ude im August 2009 über die mehr als 80 Prozent Zustimmung, die seither konstant vom SID bestätigt wird. In den Bewerbungsunterlagen taucht allerdings eine Einschränkung auf, die dieses herausragende Ergebnis völlig entwertet.

Denn laut Mini-Bidbook habe die Nachrichtenagentur nur Leute befragt, die von sich sagen, dass sie sportbegeistert sind. "Das ist, wie wenn ich die Betreiber von Atomkraftwerken befrage, ob sie gerne die Laufzeiten verlängern würden", sagt der Grünen-Abgeordnete Hartmann.

© SZ vom 29.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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