Umfrage:München, wie geht's dir?

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In der Stadt sein heißt auch, von ihr beschützt zu werden. Gut, dass über dem Marienplatz die Patrona Bavariae auf die Münchner aufpasst. (Foto: Robert Haas)

Das wollte die Stadt von ihren Bürgern wissen. Das Ergebnis der Umfrage: Sie sind tolerant, aber ängstlich. Und sie verdienen gut, aber die Armut rückt näher.

Von Sven Loerzer, München

Die Münchner fühlen sich wohl in ihrer Stadt, den meisten geht es gesundheitlich gut, sie sind überwiegend weltoffen und tolerant. Und fast drei Viertel verdienen so viel Geld, dass sie regelmäßig etwas zurücklegen können. Aber es ist immer mehr Geld nötig, um nicht unter der Armutsrisikoschwelle zu leben: Wer als Alleinstehender weniger als 1350 Euro monatliches Nettoeinkommen hat, gilt nach einer ersten Auswertung einer Befragung zur sozialen und gesundheitlichen Lage der Bevölkerung als arm.

Vor fünf Jahren lag die Münchner Armutsgrenze noch bei 1000 Euro. 16 000 zufällig ausgewählte Münchner, die ihren Hauptwohnsitz in der Stadt haben und mindestens 18 Jahre alt sind, wurden im Februar vom Sozial- und dem Gesundheitsreferat angeschrieben, rund 3700 Bürger haben die 78 Fragen beantwortet. Einen ersten Überblick erhält der Stadtrat am Donnerstag.

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Lebenszufriedenheit

Sehr wohl fühlen sich in München in der Gesamtschau 61 Prozent der Befragten, eher wohl weitere 35 Prozent. Nur 0,3 Prozent fühlen sich in der bayerischen Landeshauptstadt gar nicht wohl. Sehr unterschiedlich bewerten die Befragten aber ihre Lebensverhältnisse im Einzelnen: Am unzufriedensten sind sie mit ihrer finanziellen Situation, 23 Prozent sind sehr unzufrieden oder eher unzufrieden. Diese negative Einschätzung geben jeweils 14 Prozent der Interviewten für ihre Arbeitsbedingungen, für ihre Wohnsituation und für ihre Nachbarschaft ab. Eine nicht unbedingt überraschende Erkenntnis belegt die Auswertung im Zusammenhang mit anderen Fragen: "Je zufriedener Befragte sind, umso toleranter sind sie gegenüber anderen sozialen Gruppen."

Einstellung zu Migranten

Fast drei Viertel der Befragten sind überzeugt, dass es gut ist für die Stadt, wenn es eine Vielfalt unterschiedlicher Religionen gibt. 66 Prozent glauben, dass Migranten das Leben in der Stadt bereichern. Spiegelt sich so eine überwiegend tolerante Haltung gegenüber Zuwanderern wider, sieht jedoch mehr als die Hälfte (53 Prozent) die starke Zuwanderung als "eine Gefahr für die hier geltenden Werte". Zwei Drittel der Befragten sind überdies der Meinung, dass vor allem die Zuwanderer selbst verantwortlich sind für eine erfolgreiche Integration.

Sehr unterschiedlich fallen die Ansichten zu Flüchtlingen aus. 78 Prozent der Befragten sind stolz, wie die Münchner die Flüchtlinge aufgenommen haben. Aber nur 39 Prozent glauben, München könne die Aufnahme weiterer Flüchtlinge verkraften. 35 Prozent sind gegen eine Wohnunterkunft in ihrem Viertel. Allen Statistiken zum Trotz ist das Sicherheitsgefühl von Ängsten gegenüber Flüchtlingen geprägt: Mehr als die Hälfte der befragten Bürger, 52 Prozent, sind nicht bereit, der Aussage, "Flüchtlinge erhöhen die Kriminalität nicht" zuzustimmen. Im Kontext mit anderen Fragen zeigt sich, dass die Toleranz gegenüber Flüchtlingen mit zunehmendem Schulabschluss, höherer beruflicher Stellung, höherem Einkommen und persönlichem Kontakt zu Flüchtlingen steigt.

Gesundheit

Ihren Gesundheitszustand schätzen 24 Prozent der Interviewten als sehr gut ein, weitere 53 Prozent bewerten ihn als gut. Die Einschätzung verschlechtert sich mit zunehmendem Alter, während sie sich mit steigendem Einkommen verbessert. Unter den Erkrankungen wird am häufigsten (24 Prozent) Bluthochdruck genannt, gefolgt von Allergie (19 Prozent), Arthrose (15 Prozent), erhöhtem Cholesterin und chronischen Rückenschmerzen (jeweils 14 Prozent).

57 Prozent der Münchner sind normalgewichtig, 40 Prozent sind übergewichtig oder sogar krankhaft übergewichtig. Die meisten Münchner sind offenbar bereit, sich vom Auto weitgehend zu verabschieden. 71 Prozent wollen München so umgestaltet wissen, dass der Einzelne kaum noch auf ein Auto angewiesen ist.

Einkommen

Aus dem Ergebnis der Befragung errechnet sich ein durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen in Höhe von 5330 Euro pro Monat. Weil dieser Wert durch hohe Einkommen verzerrt wird, schauen die Statistiker auf den Median, also den Wert, bei dem sich die Befragten in zwei gleich große Gruppen aufspalten lassen. Für München sind es 3300 Euro: Eine Hälfte der Befragten lebt in Haushalten mit weniger als 3300 Euro Nettoeinkommen, die andere Hälfte in Haushalten mit Einkommen darüber.

Nach den üblichen Kriterien errechnet liegt die Armutsrisikoschwelle oder Armutsgrenze bei 1350 Euro für Alleinstehende. Etwa 17 Prozent der Befragten leben in armen Haushalten, neun Prozent in reichen Haushalten, die breite Masse (49 Prozent) bildet die untere Mitte. 48 Prozent der armen Befragten kommen schlecht mit ihrem Einkommen zurecht. Genau ein Viertel aller Befragten hat Angst davor, sozial abzurutschen.

Mietbelastung

Fast ein Drittel, 32,5 Prozent, ihres Haushaltsnettoeinkommens müssen die Münchner im Durchschnitt für Miete oder Zins und Tilgung bei der selbstbewohnten Immobilie ausgeben. Je geringer das Einkommen, desto härter trifft die Mietbelastung die Haushalte: 45 Prozent der armen Haushalte müssen mehr als die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens für die Wohnung aufwenden.

Bei 38 Prozent der reichen Haushalte macht die Mietbelastung noch nicht einmal zehn Prozent ihres Einkommens aus. Über selbstbewohnte Immobilien verfügen nur 32 Prozent der Befragten. Elf Prozent haben keinerlei Wertanlagen, 71 Prozent Sparbücher oder Tagesgeldkonten, 39 Prozent Aktien, Fonds und andere Wertpapiere, 38 Prozent eine Lebensversicherung und 30 Prozent haben einen Bausparvertrag.

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SZ-Grafik; Quelle: Landeshauptstadt München

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© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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