Umbaupläne:Marode und angestaubt

Das Gebäude und die Ausstellungen sind lange sträflich vernachlässigt worden - im Herbst beginnen endlich die Sanierungsarbeiten

Von Martina Scherf

Kein anderes Museum der Welt besitzt so viele Meilensteine der Technikgeschichte wie das Deutsche Museum. Das Foucaultsche Pendel im Turm, das unermüdlich schwingt, während sich die Erde unter ihm sichtbar dreht. Der Faradaysche Käfig, zu dem alle gebannt aufschauen, wenn es blitzt und knallt. Das Flugzeug der Gebrüder Wright, das Unterseeboot U1 der kaiserlichen Marine, das begehbare Bergwerk im Keller. Otto Hahns Labortisch, an dem der Physiker mit Lise Meitner die erste Atomspaltung vollzog. Konrad Zuses erster Computer oder das soeben wunderbar renovierte Planetarium - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Doch wohl kaum ein anderes Museum dieses Ranges ist derart in die Jahre gekommen. Oskar von Miller wäre verbittert, müsste er sehen, wie sträflich das Land sein berühmtes Museum, das zudem ein Touristenmagnet ist, vernachlässigt hat. Der Zahn der Zeit hat schwer genagt, am Gebäude, an Exponaten, und auch der Geist des Museums scheint irgendwo in den Achtzigerjahren stehen geblieben zu sein. Veraltete Texttafeln, kaputte Druckknopfexperimente, ganze Bereiche, die wie die Informatik nicht mit der Entwicklung Schritt halten konnten. Und kaum je findet sich ein Hinweis auf gesellschaftliche Zusammenhänge. Nicht einmal 2014, als die ganze Welt an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erinnerte, war im größten deutschen Technikmuseum eine Ausstellung dazu zu sehen. Dabei war es doch gerade dieser Krieg, der Erfinder antrieb: Maschinengewehre, Flammenwerfer, Flugzeuge, U-Boote, Giftgas. Auch solche Fakten gehören heute in ein Technikmuseum, darin sind sich Historiker längst einig.

Umbaupläne: Die alte Chemieausstellung mit ihren Guckkästen ist schon geschlossen.

Die alte Chemieausstellung mit ihren Guckkästen ist schon geschlossen.

(Foto: Robert Haas)

Bislang fehlte für Vieles das Geld, der Etat reiche gerade mal für den Unterhalt, hieß es immer wieder. Als Leibniz-Forschungsinstitut wird die Einrichtung zwar von Bund und Ländern gefördert. Doch erst 2010 entschlossen sich die Regierungen zu einer Generalsanierung des Museums. Die ist jetzt nach einiger Verzögerung in Gang gekommen. Nach Konzertsaal-Streit, fehlender Detailplanung und dem Erschrecken, dass die ursprünglich angesetzten 400 Millionen nicht reichen werden, hat das vor einem Jahr neu beauftragte Architekturbüro Schmidt-Schicketanz & Partner noch vor der Sommerpause die gesamte Entwurfsplanung bei der Regierung von Oberbayern eingereicht.

Das Finanzvolumen von jetzt 445 Millionen Euro - 360 Millionen von Bund und Freistaat, 45 Millionen von privaten Spendern und 40 Millionen aus dem eigenen Haushalt - werde eingehalten, heißt es, auch der Preisindex sei diesmal eingerechnet. Dieter Lang, Generalbevollmächtigter für die Sanierung, gibt sich zuversichtlich: "Das Konzept steht und passt".

Brand- und Hochwasserschutz, Klimatechnik und Statik - die Gutachter nahmen jeden Quadratmeter unter die Lupe. Auch die Ufermauer der Insel muss saniert werden. Inzwischen wird auch an den Ausstellungen fleißig gearbeitet. Einen Vorgeschmack, wie sie künftig aussehen könnten, gibt die aktuelle Schau "Willkommen im Anthropozän". Alles andere - Bibliotheksgebäude, Außenanlagen, Forum und Depotneubau - muss warten.

Umbaupläne: Einen Vorgeschmack, wie künftige Ausstellungen präsentiert werden könnten, gibt die aktuelle Sonderschau "Willkommen im Anthropozän".

Einen Vorgeschmack, wie künftige Ausstellungen präsentiert werden könnten, gibt die aktuelle Sonderschau "Willkommen im Anthropozän".

(Foto: Deutsches Museum)

Wenn die Regierung zustimmt, wird voraussichtlich noch im Herbst die Hälfte des Museums geschlossen. Zigtausende Objekte müssen dann umziehen - ein gewaltiges logistisches Unterfangen. Das geplante Depot auf einem in Erding gekauften Grundstück ist aus Geldmangel noch nicht gebaut. Es würde vieles erleichtern, denn jetzt schon kostet die Miete für Depotflächen mehr als eine Million Euro pro Jahr. Immerhin ein kleines Trostpflaster: das Forum der Technik kann vorübergehend als Ausweichquartier dienen. Für die Besucher bleibt auch nach der Schließung noch viel zu sehen. Zudem gibt es noch die Flugwerft Schleißheim, das Verkehrszentrum auf der Theresienhöhe und die Zweigstelle in Bonn.

Wenn allerdings die ganze Museumsinsel zum 100. Geburtstag strahlen soll, dann muss Direktor Wolfgang Heckl erst nochmal Geld sammeln gehen - so wie einst Oskar von Miller. Intern ist bereits von einer Zukunftsinitiative 2.0 die Rede. Auch der Staat wird wohl noch einmal drauflegen müssen.

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