Umbau:So stellt sich die Bahn den Wartebereich der Zukunft vor

Wartewelten HBF, Vorstellung Showroom âÄ" neue Konzepte für Wartewelten, Haupteingang/große Schalterhalle

In der großen Wartehalle im Münchner Hauptbahnhof findet sich der Showroom für die neuen Wartebereiche.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Deutsche Bahn will ihre Bahnhöfe schöner machen.
  • In München werden in einem Showroom neue Konzepte ausprobiert.
  • Vorbild für die neuen Wartebereiche sind die Lounges am Flughafen.

Von Marco Völklein

"Eigentlich", sagt Robert Schäfer und lächelt leicht verschmitzt, "eigentlich gehöre ich ja nicht zu denen, die ständig nörgeln." Aber einen kleinen Seitenhieb auf die Deutsche Bahn kann er sich dann doch nicht verkneifen. "Natürlich muss die Bahn ihre Wartebereiche dringend aufhübschen", sagt er und setzt wieder sein verschmitzte Grinsen auf. "Wo die Leute doch so viel warten müssen wegen Verspätungen oder ausgefallener Züge." Da ist sie wieder: Die Klage der Kunden über den mangelnden Service der Bahn. Und wenn es nach den Chefs des Konzerns geht, dann soll es künftig deutlich weniger Grund für solche Klagen geben.

An diesem Dienstagmittag nun sitzt Robert Schäfer, ein Marketingmanager aus der Nähe von Mannheim, im neu gestalteten Wartebereich des Münchner Hauptbahnhofs. Bis vor gut einem halben Jahr wurden hier in der Empfangshalle noch Fahrscheine verkauft - nun haben die Planer einige Sitzbänke montiert, eine Wand mit echtem Moos bepflanzt und einen Holz-ICE zum Spielen für Kinder aufgestellt. Das Ganze sei ein "Showroom", sagt Bahnhofsmanager Heiko Hamann. Eine Art Labor für den "Wartebereich der Zukunft".

Die Deutsche Bahn (DB) wolle dort verschiedene "Wartewelten" ausprobieren, sagt Hamann. Kommt die Spielecke mit dem Holz-ICE und dem Schiebepuzzle an der Wand gut an? Nutzen die Geschäftsleute die vielen Steckdosen für Handys und Laptops? Schätzen die Kunden die grüne Wand mit dem Moos-Bewuchs? Und gibt es genügend Leute, die sich am Brotzeit-Stand in der Mitte einen Kaffee oder eine belegte Semmel kaufen? Das alles wollen die Bahner von ihren Kunden wissen.

Deshalb werden in den kommenden Monaten Auszubildende des Konzerns mit Fragebogen losgeschickt, um die Fahrgäste zu interviewen. Am Ende, so erklärt es Projektleiterin Stefanie Ackermann, werden die "Wartewelten", die am besten bei den Kunden ankommen, an 21 Bahnhöfen bundesweit zum Einsatz kommen. München ist also das Testfeld fürs Warten der Zukunft.

An diesem Dienstag aber sind die Bahn-Azubis mit ihren Fragebögen noch nicht zu sehen. Vielmehr sitzt Bahnkunde Robert Schäfer noch relativ alleine im neuen, gut 75 Quadratmeter großen Wartebereich. Ja, sagt er, die Steckdosen seien ihm auch aufgefallen. "Die habe ich gleich mal genutzt." Auch die bequemen Bänke mit Lederbezug kommen an. "Die sind auf jeden Fall besser als die harten Metallstühle vorne am Bahnsteig", sagt er. Bei denen "kann man schon nach kurzer Zeit spüren, wie sich das Karomuster quasi in den Hintern prägt". Zum Spielangebot könne er nichts sagen, "ich habe keine Kinder". Und beim Brotzeit-Standl habe er sich auch nichts geleistet. "Davon gibt es ja ohnehin am Bahnhof mehr als genug." Im Grunde aber, sagt der Zug-Vielfahrer, "ist es schon gut, dass sich die Bahn da jetzt mehr Mühe gibt."

Bahnreisen sollen komfortabler werden

Tatsächlich ist der Münchner Showroom nur ein Teil der groß von Bahnchef Rüdiger Grube angekündigten Unternehmensoffensive "Zukunft Bahn". Mit dem Programm hat sich der Konzern viel vorgenommen: Deutlich pünktlicher sollen die Züge werden, deutlich komfortabler wollen Grube und seine Leute künftig das Reisen mit der Bahn machen. Vor Kurzem erst hatte Bahnhofsmanager Hamann ein 48 Millionen Euro schweres Aufhübschprogramm für sieben Tunnelbahnhöfe im MVV-Raum angekündigt.

Um die Zahl der Zugausfälle zu reduzieren, sollen zum Beispiel beim Fernverkehr mobile Wartungstrupps eingesetzt werden; an großen Bahnhöfen sorgt seit einiger Zeit ein ganzer Stab an Mitarbeitern aus den verschiedenen Tochterunternehmen der Bahn dafür, dass die Züge möglichst pünktlich abfahren. Zudem sollen Rolltreppen und Aufzüge künftig deutlich seltener ausfallen als bislang - um das zu erreichen, will der Konzern die Anlagen intensiver warten lassen und die am meisten benötigten Ersatzteile in eigenen Lagerstätten vorhalten.

Die Philosophie hat sich geändert

Wartewelten mit Kinderspielecke, Lounge-Möbeln und Handy-Lademöglichkeit kennen viele Reisende bisher nur von Flughäfen, sagt Projektleiterin Ackermann aus der DB-Zentrale in Berlin. "An Bahnhöfen ist man da in der Vergangenheit etwas zurückhaltend gewesen." Vor allem habe die Sorge um Vandalismus die Manager zurückschrecken lassen, schließlich kann auch den neuen Münchner Wartebereich jeder betreten, der möchte. An Flughäfen sei das einfacher, sagt Ackermann. "Da kommen nur kontrollierte Gäste in den Sicherheitsbereich."

Mittlerweile aber habe sich die Philosophie geändert: Man nehme nicht mehr Rücksicht auf die fünf Prozent der Nutzer, die Probleme machen. "Der Fokus liegt nun auf den 95 Prozent, die solche Angebote zu schätzen wissen." Zudem ist die Nutzungszeit begrenzt: Geöffnet ist der neue Wartebereich täglich nur von sieben bis 21 Uhr. Wer danach die Zeit bis zur Abfahrt seines Zuges überbrücken möchte, muss unter anderem die Metallsitze am Bahnsteig aufsuchen - und den Abdruck am Hintern in Kauf nehmen.

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