Übernachtungen:Touristen bleiben aus

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Die Zahl der Übernachtungen in München ist seit dem Amoklauf im OEZ zurückgegangen. (Foto: Florian Peljak)
  • Noch Monate nach dem Amoklauf im OEZ spürt die Stadt München die Spätfolgen der Tat.
  • Die Zahl der Touristen aus dem Ausland ist zurückgegangen. Im Oktober waren es 9,8 Prozent weniger als im gleichen Monat 2015.
  • Bis sich die Lage wieder etwas entspannt, wird es noch einige Monate dauern.

Von Pia Ratzesberger, München

Jede Stadt hat ihre Bilder, die Menschen in der Ferne anziehen. München zum Beispiel hat den Marienplatz, die Tandler am Viktualienmarkt, die Mass Bier auf der Wiesn. Behäbig, gemütlich und vor allem sicher, so stellen sich viele Touristen die Stadt vor; nicht zuletzt wegen dieser Sicherheit zieht es manchen her. Doch in diesem Jahr wandelte sich das Bild - und das hat zu tun mit dem Amoklauf vom 22. Juli. Im Monat darauf, im August, brach die Zahl der Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent ein.

Das traf nicht nur die Hotels und Herbergen, sondern viele Orte in der Stadt. Und auch wenn es angesichts der Menschenmassen, die sich an den Adventswochenenden in der Innenstadt drängeln, kaum zu spüren ist: Noch immer kommen weniger Touristen aus dem Ausland als in den Vorjahren. München hat seinen alten Ruf noch nicht zurück.

Auf den Turm im Olympiapark zum Beispiel stiegen im Sommer weniger Menschen hinauf, weniger besichtigten das Stadion. Um 20 bis 25 Prozent seien die Besucherzahlen im August eingebrochen, sagt ein Sprecher der Olympiapark GmbH. Im Hauptgebäude des Deutschen Museums in der Nähe des Isartors zählte man im gleichen Monat etwa 95 000 Besucher, das seien deutlich weniger als in durchschnittlichen Sommermonaten.

Die Ortsmarke München hat offensichtlich abgeschreckt. Die Zahl der Übernachtungen aus dem Ausland lag auch im September noch 5,5 Prozent unter dem Vorjahr. Im Oktober waren es ebenfalls 9,8 Prozent weniger als im gleichen Monat 2015. Dies kann auch mit dem Effekt zu tun haben, dass eine Destination umso mehr gemieden wird, wenn sie weit weg ist. So wie mancher Europäer ganz Thailand meiden mag, wenn dort zum Beispiel die Erde bebt - er unterscheidet nicht zwischen Surat Thani im Süden oder Si Sa Ket im Osten. Genauso unterscheidet man auf der anderen Seite des Globus nicht zwischen Paris und München, erst recht nicht zwischen Würzburg und München. Die Anschläge in Paris und Nizza, die Bombe in Ansbach, die Attacke auf eine Familie aus Hongkong in einem Regionalzug bei Würzburg, all das hat den Münchner Tourismus geschwächt und schwächt ihn noch immer.

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Das liege auch an der Zeitverzögerung zwischen Urlaubsplanung und Ankunft, sagt ein Sprecher des Referats für Arbeit und Wirtschaft. Wer im Sommer einen Urlaub für den Herbst gebucht hat, habe sich wegen des Amoklaufs in der Stadt und des Terrors in Frankreich womöglich nicht für München entschieden. Die USA haben derzeit noch immer eine Reisewarnung für deutsche Weihnachtsmärkte ausgesprochen. Aus den Vereinigten Staaten kamen im Oktober etwa 15 Prozent weniger Reisende als im Vorjahr. Aus China waren es sogar fast 18 Prozent weniger. "Es dauert, bis sich das Vertrauen wieder aufbaut", heißt es bei der Tourismusabteilung der Stadt.

Zudem trage auch der niedrige Ölpreis zu schlechteren Werten bei. Zwar kommen noch immer ähnlich viele Touristen aus den arabischen Golfstaaten nach München, doch sie bleiben nicht mehr so lange in der Stadt. Im Oktober brach die Zahl der Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 26 Prozent ein, im September waren es etwa sieben Prozent weniger. Gerade wenn Gäste aus den Golfstaaten wegbleiben, fällt das auch den Händlern in der Innenstadt auf. Sind diese Reisenden doch eine Klientel, die in den Boutiquen und Kaufhäusern viel Geld ausgibt. "Es gab auf jeden Fall Rückgänge", sagt Wolfgang Fischer von Citypartner, dem Zusammenschluss von Geschäften in der Innenstadt. Auch die Kundschaft aus Asien habe gerade in den Sommermonaten gefehlt.

Allerdings kommen mehr deutsche Touristen nach München, im Oktober zum Beispiel stieg die Zahl um sechs Prozent im Vergleich zum vorigen Jahr. Diese neuen Besucher gleichen ein Stück weit aus, dass man im Ausland noch immer zögert. Beim Tourismusbüro der Stadt heißt es, aus der Erfahrung der Pariser Kollegen rechne man damit, dass sich die Lage im Frühjahr wieder entspannen werde. Eine gesonderte Kampagne, um die Zweifel im Ausland zu beseitigen, plane man aber nicht. Mit Werbung für Sicherheit verunsichere man Menschen nur.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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