Überlastete Gerichte:Langsame Mühlen der Justiz

Müller Brot in Neufahrn

Es wird wohl noch lange dauern, bis der Fall Müller Brot vor Gericht kommt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nachdem die Hygiene-Mängeln bei Müller-Brot bekannt wurden, ging alles sehr schnell. Trotzdem wird es noch lange dauern, bis der Fall vor Gericht kommt. Die Personaldecke am Landgericht München ist einfach zu dünn.

Von Katja Riedel

Erst kümmerten sich die Lebensmittelwächter um die Backfabrik Müller-Brot aus Neufahrn, dann der Insolvenzverwalter und bald auch die Staatsanwaltschaft Landshut. Alles ging ganz schnell: Ende Januar 2012 waren die Öfen aus, schon im Februar nahmen die Staatsanwälte ihre Ermittlungen auf.

Und trotzdem wird es noch lange dauern, bis der Fall vor Gericht kommt. Die Wirtschaftsstrafkammern in Bayern sind derart überlastet und personell unterbesetzt, dass Verfahren nicht zügig abgeschlossen werden können. Das gibt auch das Justizministerium zu. Die Ermittlungen seien in diesen Fällen eben "regelmäßig umfangreich und sehr komplex".

So wie bei Müller-Brot: Die Ermittler gingen gründlich vor, kämpften sich durch riesige Datenmengen der Buchführung, ließen Gutachten erstellen, sprachen auch immer wieder mit den mutmaßlichen Verantwortlichen für die Hygiene- und die Wirtschaftsmisere.

Keine Entscheidung mehr in diesem Jahr

Zwei Jahre später, im Januar dieses Jahres, erhob die Staatsanwaltschaft Landshut Anklage gegen die drei früheren Geschäftsführer, den damaligen Betriebsleiter, den Produktionsleiter und die Chefin des Qualitätsmanagements. Sie sollen nicht zum Verzehr geeignete Lebensmittel in den Verkehr gebracht haben. Den drei Geschäftsführern wird zudem Insolvenzverschleppung vorgeworfen, sie sollen überdies Lieferanten betrogen haben.

Doch bis sie vor Gericht erscheinen werden, wird noch einige Zeit vergehen. In diesem Jahr werde das Landgericht wohl nicht mehr darüber entscheiden, ob es die Anklage zulässt und ein Hauptverfahren eröffnet. Der Grund: Die Personaldecke ist zu dünn. So dünn, dass auch in einem anderen Fall des Gerichts, der sich am Flughafen München abgespielt hat und bei dem der Staat um Millionen betrogen worden sein soll, vor Jahresende kein Prozess erwartet werden darf.

Hier geht es um Tricksereien mit einem Beschäftigungsmodell. Der Firma CAP, an der früher ein privater Betreiber beteiligt war und die inzwischen der Flughafengesellschaft FMG alleine gehört, wird vorgeworfen, durch Lohnmodelle Sozialabgaben und Steuern gespart zu haben. Die Ermittlungen begannen hier 2009. Dieser Fall, so ist am Landgericht Landshut zu hören, ist noch vor Müller-Brot an der Reihe.

Es kann also dauern. Besonders deshalb, weil in keinem der Fälle ein Beschuldigter in Untersuchungshaft sitzt. Nur in solchen Fällen wäre Eile geboten. Der Bayerische Richterverein hatte vergangene Woche gewarnt, dass in Bayern 261 Richter und 155 Staatsanwälte fehlten und dass deshalb Haftentlassungen drohten. In der vergangenen Woche musste das Oberlandesgericht München tatsächlich einen mutmaßlichen Vergewaltiger aus der JVA Stadelheim entlassen, weil das Verfahren zu lange dauerte.

Dem Justizministerium ist das Problem bewusst. Zwar sei die Situation, verglichen mit anderen Bundesländern, weniger gravierend, heißt es. Das Thema stehe aber bei einer gemeinsamen Dienstbesprechung mit den Präsidenten der Gerichte sowie den Leitern der Staatsanwaltschaften in diesem Herbst auf der Agenda, heißt es aus dem Haus von Minister Winfried Bausback.

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