Überfüllte Postfilialen:Stellt euch nicht so an

Überfüllte Postfilialen: Lange Schlangen, wie hier in der Filiale in der Tegernseer Landstraße am zweiten Adventswochenende, bilden sich häufig.

Lange Schlangen, wie hier in der Filiale in der Tegernseer Landstraße am zweiten Adventswochenende, bilden sich häufig.

(Foto: Stephan Rumpf)

Es klingt eigentlich üppig: In München können in 52 Postfilialen und Läden Päckchen abgeholt werden. Trotzdem kommt es in der Vorweihnachtszeit immer wieder zum Stau am Schalter - der Gang zum Postamt kann da zu einer zeitaufwendigen Herausforderung werden.

Von Franziska Gerlach

Die Schlange ist nicht nur vorhanden, sie ist auch lang. Das lässt sich beim besten Willen nicht bestreiten. Im vorderen Drittel versetzt ein Mann einem kolossalen Paket leichte Fußtritte, bugsiert es Zentimeter um Zentimeter in Richtung Schalter, wo im Postbank Finanzcenter in der Angererstraße sieben Mitarbeiter Kunden bedienen. Gesprochen wird hier nicht viel am späten Samstagmorgen, zum Verfassen von Kurznachrichten scheint das Schlangestehen indes zu inspirieren. Die meisten Kunden fügen sich in ihr Schicksal und nehmen das Warten ohne Murren hin. Vielleicht ahnen sie, dass es noch schlimmer laufen könnte. Nur ein paar Tage zuvor zog sich die Warteschlange in der Angererstraße bis weit auf den Bürgersteig. Bei frostigen Temperaturen kein Vergnügen.

Das Bild gleicht sich derzeit an vielen Stellen in München und dem Umland. Am Partnachplatz in Sendling hat die Postbank am 30. November eine weitere Filiale eröffnet. Elisabeth Rogg, die in der Partnachstraße wohnt, sieht bei dem Blick aus dem Fenster nun häufiger Ansammlungen von Menschen, die nur eines wollen: endlich drankommen. "Die Warterei ist ärgerlich", sagt Elisabeth Rogg. Das Argument, dass Weihnachten an allem schuld sei, tröstet da kaum.

Natürlich verursacht das Fest enormen zusätzlichen Aufwand. "Bereits am ersten Adventswochenende hat sich das Paketaufkommen in vielen Filialen vervierfacht", sagt eine Sprecherin der Postbank. Dem vorweihnachtlichen Andrang, so erklärt sie, begegne man mit Planung. Auf Basis der Vorjahreszahlen kalkuliert die Postbank den zusätzlichen Personalbedarf schon Monate im Voraus, auch in der Angererstraße steht derzeit eine Vollzeitkraft mehr am Schalter. Es werde viel getan, um Wartezeiten zu vermeiden, heißt es. Doch die Schlangen bleiben nicht aus.

Die Post scheint außerdem zu jenen Orten zu gehören, an denen der Kunde besonders ungern wartet. Das war schon vor 20 Jahren so, als es in München noch 85 Postämter gab mit Beamten am Schalter, die fein säuberlich Briefmarken aus den Heftchen trennten. Als die Deutsche Post von 1993 an begann, ihre Filialen aufzugeben, bewegte das die Gemüter von Bürgern und Politikern gleichermaßen. Mittlerweile wurden die Postämter durch von Unternehmen betriebene Filialen abgelöst.

Der größte Partner ist die Deutsche Bank, die über ihre Tochter Postbank in München derzeit 31 Postbank Finanzcenter betreibt. Als letzte eigene Filiale der Post machte im Herbst 2010 jene in der Arnulfstraße dicht, zu einer Zeit, als der behördensprachliche Begriff Amt längst in der Versenkung verschwunden war. In den ehemaligen Räumlichkeiten können seither Pakete abgeholt werden. Zu verschickende Sendungen geben Kunden in der Partnerfiliale in der Renatastraße ab.

Nachsehen an der Packstation

Den Vorwurf mancher Kunden, die Umwandlung in fremdbetriebene Filialen habe eine Versorgungslücke hinterlassen, weist die Post zurück. "Wir haben in München ein gutes, flächendeckendes Filialnetz", sagt ein Sprecher. Er verweist auf den Postfinder im Internet. Den Angaben zufolge haben sich durch die Kooperation mit den Firmen zudem das Filialnetz ausgeweitet und die wöchentliche Öffnungszeit mehr als verdoppelt. An 105 Stellen können in München Briefe und Pakete aufgegeben werden, an weiteren 159 Verkaufspunkten gibt es Brief- und Paketmarken. In 52 Filialen und Läden können Pakete abgeholt werden, acht Abholstationen sind in den vergangenen Wochen neu hinzugekommen, zudem gibt es 72 Packstationen.

Nicht alle betrachten die Versorgung so optimistisch wie die Post selbst. Was die Münchner Altstadt betrifft, ist zum Beispiel Richard Quaas der Meinung, dass nicht alles besser geworden ist. Gerade für Touristen, so der CSU-Stadtrat, sei ein Anbieter mit Postservice mitunter nicht leicht zu finden. Denn das Posthorn hat dort ein neues Zuhause gefunden, wo es dereinst niemand vermutet hätte: in Supermärkten, Zeitschriftenläden oder Tankstellen. Die Meinungen der Kunden über diese Art der Partnerfilialen gehen auseinander. Manche Menschen sind glücklich, dass sie ihre Päckchen zuverlässig bis 20 Uhr im Supermarkt vor der Haustür holen können. Mancherorts wird aber geklagt: über zu weite Entfernungen etwa.

Die Partner der Post erhalten für ihren Service eine Grundvergütung plus eine verkaufsabhängige Provision. Nuri Ünal betreibt in der Baaderstraße das Postcafé, wie er es genannt hat. Das Geschäft mit der Post macht einen großen Teil von seinen Einnahmen aus, außerdem verkauft er Schreibwaren. Die Idee mit dem integrierten Café, sagt er, sei nicht so gut angekommen. Trotzdem fürchtet der Unternehmer nicht, dass er im Gerangel um die Gunst der Kunden gegenüber dem Postbank Finanzcenter in der Fraunhoferstraße das Nachsehen haben könnte.

Mit dem weiteren Modell der Packstationen macht die Post ihren Kunden seit 2001 ein weiteres Angebot. In der Filiale in der Fraunhoferstraße tippt ein Mann in blauer Kapuzenjacke an der Station sein Passwort ins Display. Er habe keine Lust, sich nach der Arbeit noch irgendwo anzustellen, sagt er und deutet in Richtung Warteschlange, die vom Schalter wegführt. Und bislang habe die Abwicklung stets reibungslos funktioniert.

Es kann aber passieren, dass Pakete statt in der Packstation doch zur Abholung in einer Filiale landen. Das hat laut Post dann damit zu tun, dass die angegebene Packstation überfüllt ist. Oder das Paket passe nicht in deren Fächer. Bei der Größe der Fächer habe man sich an der "Masse der Sendungen" orientiert, so die Post.

Egal, ob es groß ist oder klein: Auch Ulrike Gasser hätte das Nikolauspäckchen, vom Großvater an ihre Kinder verschickt, lieber an einer Packstation abgeholt. Doch weil das diesmal nicht geklappt hat, steht die Mutter nun in der Angererstraße an. Ihre Benachrichtigungskarte hält sie griffbereit, so wie viele am Samstagvormittag. Die erledigen ihre Weihnachtseinkäufe wahrscheinlich alle im Netz, glaubt Gasser. Tatsächlich ist parallel zum Wachstum des Online-Shoppings in den vergangenen Jahren auch die Anzahl der Paketabholungen gestiegen, bemerkbar macht sich das vor allem zu Feierabendbeginn und an späteren Samstagvormittagen.

Mit einem Paket im Arm kommt Ulrike Gasser nach 15 Minuten vom Schalter zurück. Dort hat sie außerdem in Erfahrung gebracht, was schiefgelaufen ist. Der Absender hätte die Packstation als Lieferort angeben müssen. Das habe der Opa einfach nicht gewusst.

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