U2 in München:Der Friede sei mit euch!

Promi-Gipfel beim U2-Konzert: Bono predigt, Joschka Fischer rockt und Mickey Rourke entzückt die Mädchen.

Christian Mayer

Joschka Fischer ist im Grunde seines Herzens wohl eher ein Rocker als ein Liebhaber ernster Musik; wahrscheinlich würde er lieber den Teufel tun als wie Angela Merkel stundenlang sterbenslangweilige Tristan-Inszenierungen bei den Bayreuther Festspielen über sich ergehen zu lassen.

Anstatt auf dem roten Teppich von ältlichen Wagnerianern begafft zu werden, besucht er das U2-Konzert im Olympiastadion: Sanft wiegt er seinen neuerdings wieder schmaleren Ministerkörper im Rhythmus der Musik hin und her, während unter dem Dach weiße Luftballons aufsteigen und auf der Rasenfläche die begeisterte Masse wie ein Resonanzkörper ins Schwingen gerät.

Besonders bei den Klassikern wie "Sunday, bloody Sunday" wird der Außenminister lebhafter; er wirkt beinahe freudig erregt. Einmal zuckt er auf der Ehrentribüne richtig zusammen: als U2-Sänger Bono vor 75.000 Zuhörern ein gutes Wort einlegt für Joschka Fischer, seinen Mitstreiter für Afrika und gegen Hunger und Armut in der Dritten Welt. Die beiden haben sich zuvor bei einem groß angekündigten Geheimtreffen backstage ausgetauscht.

Doch jetzt macht Fischer eine abwehrende Bewegung, als sei ihm der Applaus der rot-grünen Sympathisanten ein wenig peinlich. "Das war ein Ausdruck meiner großen Bescheidenheit", erzählt er später.

Viele Promis im Vip-Bereich

Es muss an der besonderen Strahlkraft dieser Band liegen, am Reiz der kollektiven Erweckungsbewegung im Geiste des Hl. Bono, dass neben dem Außenminister so viele prominente Musikfans die Annehmlichkeiten im Vip-Bereich genießen.

Boris Becker führt statt seiner verflossenen Tänzerin die Schauspielerin Bettina Zimmermann an seiner Seite in die Arena (alles rein platonisch, logo). Die Bayern-Spieler Roy Makaay, Bixente Lizarazu und Claudio Pizarro sind noch einmal an ihre frühere Wirkungsstätte zurückgekehrt ("Ich sitze zum ersten Mal auf der Tribüne", flaxt Makaay).

Werner Baldessarini weiß noch nicht so ganz genau, auf was er sich hier eingelassen hat. "Ich hab' den Bono mal im Fernsehen bei einem Duett mit Frank Sinatra gesehen, deshalb bin ich neugierig", sagt der Boss-Designer, der sich mit dem zwei Köpfe größeren Wladimir Klitschko über Populärkultur austauscht.

Mickey Rourke, entschlackt und wiederhergestellt

Überraschenderweise mischt sich auch US-Schauspieler Mickey Rourke in den Katakomben des Stadions unter die Lokalprominenz, der Star der achtziger Jahre ("Angel Heart", "9 1/2 Wochen") hat ja einige Abstürze und eine versuchte Karriere als Profiboxer hinter sich, versucht nun aber ein Comeback mit seinem Film "Sin City".

Deutlich entschlackt und zwischen Haaransatz und Kinn wiederhergestellt, macht er Promotion in eigener Sache. "Ich liebe München", sagt Rourke pflichtbewusst. Als Beweis dieser Zuneigung hat er eine dunkelhaarige Münchnerin, geschätztes Alter: 22, mitgebracht. Im P1 und im 8 Seasons habe es ihm die Nacht zuvor gut gefallen, sagt seine Agentin, aber natürlich sei U2 noch interessanter.

Es ist Bono-Show, der große Kommunikator, Menschenrechtler und Weltfriedensbotschafter überstrahlt an diesem Abend alle, sogar Joschka Fischer, Boris Becker, Roy Makaay und den gestrauchelten Haudrauf Mickey Rourke. Peace!

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