U-Bahn-Verlängerung nach Pasing:Teurer Weg nach Westen

U-Bahn-Verlängerung nach Pasing: So stellt sich die CSU die Zukunft in Pasing vor: In einer Montage haben die Christsozialen einen U-Bahn-Zugang vors Einkaufszentrum platziert.

So stellt sich die CSU die Zukunft in Pasing vor: In einer Montage haben die Christsozialen einen U-Bahn-Zugang vors Einkaufszentrum platziert.

(Foto: oh)

SPD und CSU wollen die U-Bahnlinie 5 möglichst schnell nach Pasing verlängern. Damit soll die S-Bahn entlastet werden, auch für den Fall, dass eine zweite Stammstrecke nie gebaut wird. Probleme könnten allerdings die Kosten machen - und die Haltestelle Theresienwiese.

Von Marco Völklein

CSU und SPD wollen beim Ausbau der U-Bahn schneller vorankommen. In einem gemeinsamen Antrag fordern die Fraktionen, bei der U 5 "alle notwendigen Beschlüsse" vorzubereiten und die nötigen Verfahren einzuleiten. Das Rathaus werde die Themen nun "forciert angehen", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Oberste Priorität" habe dabei die U 5-Verlängerung nach Pasing, ergänzt der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Was erhofft sich die Stadt davon?

Vor allem eine "sinnvolle Verknüpfung" zwischen U- und S-Bahn im Westen, sagt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Und bei S-Bahn-Störungen könnten Fahrgäste auf die U 5 ausweichen. Allerdings warnt die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) stets: Die Kapazitäten der U-Bahn würden kaum ausreichen, um die der S-Bahn aufzufangen. In eine U-Bahn passen 910 Leute, in eine S-Bahn maximal 1600. Das allerdings sei besser als gar nichts, erwidern die Befürworter der U 5-Verlängerung.

Wie geht es konkret weiter?

Zwar hat Baureferentin Rosemarie Hingerl der Rathausspitze vor Kurzem eine erste Grobplanung vorgelegt - viele Detailfragen sind aber nach wie vor ungeklärt. Fest steht nur: Die Station in Pasing soll unter dem bestehenden Gleisbereich der S-Bahn entstehen und nicht, wie ursprünglich geplant, unter dem Platz vor den Pasing-Arcaden. Laut Reissl soll der Stadtrat Anfang 2015 die Planer offiziell damit beauftragen, in die vertiefte Planung einzusteigen.

Wie steht es um die Finanzierung?

Die ist völlig ungeklärt. Eine offizielle Kostenberechnung gibt es nicht; auch keine Nutzen-Kosten-Abwägung. Die städtischen Referate sollen diese Fragen klären. Wichtig ist vor allem die Nutzen-Kosten-Untersuchung - denn nur wenn der Faktor den Wert von 1,0 übersteigt, kann die Stadt bei Bund und Freistaat Zuschüsse für den Bau beantragen. Allerdings haben CSU und SPD vereinbart, das Projekt auch ohne Zuschüsse stemmen zu wollen; also notfalls auch komplett aus der Stadtkasse.

Wie viel wird das Ganze denn kosten?

Als Schätzwert haben die Rathauspolitiker 100 Millionen Euro pro Kilometer angesetzt. Bei einer Länge von 3,6 Kilometern käme man so auf 360 Millionen Euro. Aber wie gesagt: Das ist nur ein grober Schätzwert. Zusätzliche Kosten könnten zum Beispiel entstehen, wenn die Station unter dem Pasinger Bahnhof in extremer Tieflage gebaut wird. Laut Schmid ist geplant, die Station so tief anzulegen, dass die Ingenieure weiter westlich davon den Tunnel bequem unter der Würm hindurch in das Neubaugebiet Freiham weiterführen könnten. Zuvor müssten noch "Gespräche mit der Deutschen Bahn" geführt werden.

Was ist mit der Station Theresienwiese?

Was ist mit der Station Theresienwiese? Ein Punkt, der bei der Diskussion gerne ausgeblendet wird, ist der Bahnhof dort: Der ist während des Oktoberfests "heute schon an der Grenze der Leistungsfähigkeit", sagt MVG-Chefplaner Gunnar Heipp - und funktioniert zur Wiesn nur, weil die MVG eine Art "Einbahnstraßenverkehr" einrichten kann: Die Masse der Festgäste kommt aus Osten; und die Masse will nach dem Besuch wieder zurück gen Osten. Künftig würde das nicht mehr funktionieren, weil viele Gäste aus Westen mit der U 5 anreisen. Um die Fahrgastströme zu entzerren, müsste der Bahnhof aufgeweitet werden: vier statt zwei Gleise, zwei Bahnsteige statt einem. Wie viel das kostet? Auch das ist noch unklar.

Sollte die U 5 gebaut werden, was wird dann aus dem zweiten S-Bahn-Tunnel?

Diese Frage ist ebenfalls offen. Fachleute befürchten, dass die U 5-Verlängerung rein rechnerisch der zweiten Röhre Fahrgastpotenziale im Münchner Westen wegschnappt - und so deren Wirtschaftlichkeit unter den entscheidenden Wert drückt. Das wäre dann das Aus für den S-Bahn-Tunnel. U 5-Befürworter wie Reissl glauben dagegen, dass sich beide Projekte tragen. Eine fundierte Berechnung liegt aber nicht vor. Ohnehin hatte Reiter vergangene Woche dem Freistaat explizit gedroht: Sollte die wacklige Finanzierung des 2,5-Milliarden-Euro-Tunnels nicht bis Mitte 2015 gesichert sein, werde die Stadt ihren Finanzierungsanteil von 113 Millionen Euro abziehen und in andere Projekte umleiten. Eines könnte die U 5-Verlängerung sein.

Was ist mit anderen U-Bahn-Projekten?

Auch da will Schwarz-Rot Tempo machen: Die Fraktionen fordern ein "Mittelfristprogramm", in dem neben der U 5 nach Pasing und der U 4 nach Englschalking eine weitere Nord-Süd-Trasse durch die Innenstadt (genannt: U 9) und eine U-Bahn-Tangentiale im Norden genannt werden. Zudem soll die U 5 nach Freiham verlängert werden. All das hatten die Parteien aber auch schon im Frühjahr in ihrer Kooperationsvereinbarung festgezurrt. "Nun gehen wir daran, die Dinge umzusetzen", sagt Schmid.

Was halten andere von den Plänen?

Die Grünen warnten schon mal vor einer "U-Bahn-Euphorie", so Stadtrat Paul Bickelbacher. Zwar sei absehbar, dass der zweite S-Bahn-Tunnel nicht komme und die U 5-Verlängerung damit zumindest eine "Krücke wäre, mit der man weiterkommt". Wichtig sei aber auch, dass andere Nahverkehrsprojekte wie die geplanten Tramstrecken "nicht liegen bleiben". Ablehnung signalisiert der Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr (AAN). Die U 5 werde "am Rande der Baumschule geführt", so AAN-Mann Berthold Maier. Große Fahrgastpotenziale würden so nicht erschlossen. Zudem bestehe jetzt bereits bei der U-Bahn ein immenser Sanierungsbedarf.

Lassen sich die Systeme von U- und S-Bahn nicht sinnvoller kombinieren?

Dieser Vorschlag kommt immer wieder: Sogenannte Zwei-System-Fahrzeuge, die gleichsam für das U- wie das S-Bahn-Netz ausgelegt sind, könnten aus Westen kommend auf den S-Bahn-Gleisen nach Pasing rollen, dort in den U-Bahn-Tunnel eintauchen - und bis weit in die Innenstadt hineinfahren. Die U-Bahn-Tunnel sind dafür sogar dimensioniert. Fachleute winken aber stets ab: Dazu müsste man zusätzliches Geld für Entwicklung und Beschaffung neuer Züge aufwenden. Und: Die Kapazitätsunterschiede zwischen U- und S-Bahn bestünden weiter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: