U-Bahn in München:Neues für den Untergrund

Moderne Optik, moderne Technik: Ab Dezember 2013 soll eine neue Generation U-Bahnen durch München fahren. Wie die Züge genau aussehen, wird aber schon jetzt gezeigt. Bei der Präsentation gab es aber auch Kritik an der Regierung von Oberbayern.

Marco Völklein

Herbert König geht tief runter in die Knie und schaut sich alles von unten an. Einige Druckleitungen haben die Techniker bereits an den Wagenboden geschraubt, auch zwei kleine Luftbehälter sind schon da. "So werden Sie den Wagen nie wieder sehen", sagt Jürgen Zöbl, verantwortlich bei Siemens für den Vertrieb von U- und Straßenbahnen in Süddeutschland. Er hat sich ebenso wie MVG-Chef König tief in die Hocke begeben. Gemeinsam bestaunen sie den Unterboden der neuen Münchner U-Bahn.

21 Stück hat die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bei Siemens bestellt - für 185 Millionen Euro. Im sogenannten Metro-Werk in Wien-Simmering baut der Konzern die Waggons derzeit zusammen. Die ersten fertigen U-Bahnen des neuen Typs C2 sollen pünktlich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 im Münchner Netz rollen.

Am Freitag hat Siemens dem MVG-Chef und seinem U-Bahn-Verantwortlichen Günter Pedall schon mal den ersten fertig zusammengeschweißten und in den Münchner Farben lackierten Wagenkasten präsentiert. "Gut sieht er aus", findet König. Auch Pedall ist mächtig stolz auf die neue U-Bahn: "Die macht was her."

Im Grunde jedoch steht da noch nicht so wirklich viel im Werk im Südosten Wiens. Auf einen massiven Aluminiumboden, unter dem König und Vertriebsmann Zöbl gerade noch gekauert haben, haben die Siemens-Leute zwei Seitenwände geschweißt sowie das Dach montiert. Vorne rundet die vom Münchner Designer Alexander Neumeister entworfene Frontansicht das Ganze ab. Die gibt der neuen U-Bahn durchaus ein markantes, ein elegantes Gesicht.

Im Inneren allerdings fehlt noch eine ganze Menge. Vom Führerstand, der Elektrik, den Sitzen und Haltestangen sowie den Monitoren für das geplante Fahrgast-TV ist nichts zu sehen. Auch das Innenleben, die komplette Elektrik sowie die Elektronik (immerhin werden pro Waggon etwa 22 Kilometer Kabel verlegt) fehlt.

Ubahn SWM

Der erste Wagenkasten steht schon. Auffallend sind vor allem die schmalen Schlitze für die Scheinwerfer vorn.

(Foto: Siemens)

Bei Siemens beeilen sie sich daher mit der Zusicherung: "Das geht jetzt Schlag auf Schlag." In der Halle gegenüber schweißen die Arbeiter bereits die nächsten Aluminiumbauteile für weitere Wagenkästen zusammen. Für den Innenausbau ist in einer anderen Halle alles vorbereitet, sagt Werksleiter Robert Bauer. Und im Siemens-Werk in Graz montieren Arbeiter parallel die Drehgestelle für die neuen U-Bahnen. Die werden später nach Wien gebracht und dort mit dem Wagenkasten "verheiratet". Ganz ähnlich läuft es im Automobilbau.

Werksleiter Bauer räumt dennoch ein: "Unser Zeitplan ist sportlich." Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 sollen die ersten vier von insgesamt 21 Neufahrzeugen im U-Bahn-Depot in Fröttmaning stehen. Und nicht nur das: Sie sollen auch zugelassen und somit einsatzfähig für das Münchner Netz sein.

Optionen für weitere Bahnen

Denn von Mitte Dezember 2013 an will König auf dem besonders stark frequentierten Abschnitt der U 2 zwischen Hauptbahnhof und Kolumbusplatz die U-Bahnen im morgendlichen Berufsverkehr im Zwei-Minuten-Takt rollen lassen; bislang fahren die Züge alle zweieinhalb Minuten. Dazu benötigt die MVG dringend die ersten vier der 21 Züge. Und von 2017 an soll auch auf der U 3/6 zwischen Implerstraße und Münchner Freiheit der Zwei-Minuten-Takt starten.

Damit das alles klappt, müssen nicht nur Siemens und die MVG ihre Hausaufgaben machen - entscheidend wird sein, ob die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde den neuen U-Bahnen rechtzeitig den Zulassungsstempel erteilt.

Bei der neuen Trambahn vom Typ "Variobahn", die seit vergangenem Dezember unterwegs ist, zog sich das Zulassungsverfahren über mehrere Jahre hin. Die MVG warf der Bezirksregierung vor, immer wieder neue und zusätzliche Papiere, Gutachten und Nachweise anzufordern. Die Aufseher beriefen sich auf ihre Verantwortung für die Sicherheit der Fahrgäste und verwiesen auf die Vorschriften.

Die Siemens-Leute sind seit dem Start von Entwicklung und Fertigung der neuen U-Bahn mit den Aufsehern in engem Kontakt - und sprechen von einem "herausfordernden Zulassungsprozess", wie es die zuständige Bereichschefin Sandra Gott-Karlbauer formuliert.

Auf Nachfrage wird sie noch deutlicher: Die Aufsichtsbehörde habe "viel verlangt", der Zulassungsprozess in München sei "umfassender als normal", werde "sehr stark nach Normen ausgelegt", sei "intensiv" und "einmalig". Am Ende stößt sie fast schon einen kleinen Seufzer aus und sagt: "So haben wir das noch nicht erlebt."

Dennoch geben sich alle Beteiligten zuversichtlich. Nach der Endmontage wird der erste C2-Zug voraussichtlich im nächsten Mai auf die Siemens-Teststrecke nach Wildenrath in der Nähe der holländischen Grenze transportiert. Im Juli ist die Auslieferung des ersten Zuges an die MVG geplant. Das letzte der 21 bestellten Fahrzeuge soll im Lauf des Jahres 2017 ins Fröttmaninger U-Bahn-Depot rollen.

Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die MVG weitere C2-Züge anschafft. Bereits bei der Vertragsunterzeichnung im Herbst 2010 hat König zwei Optionen über jeweils 23 weitere U-Bahnen vereinbart. Sollten sich die neuen Siemens-Züge bewähren, ließe sich der Auftrag also erweitern. Allerdings will König darüber erst 2014 oder 2015 entscheiden. Zunächst einmal müssen die ersten neuen U-Bahnen an die Isar rollen.

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