TU-Studenten in Weihenstephan:Mit Wach-mach-Bier zur Goldmedaille

Bier, das wach macht? TU-Studenten haben aus gewöhnlicher Hefe ein Koffein-Bier entwickelt. Mit ihrer Erfindung haben sie schon einen Wettbewerb in Amsterdam gewonnen. In Boston messen sich die brauenden Studenten nun mit den besten Teams aus aller Welt.

Deniz Aykanat

TU-Studenten in Weihenstephan: Bier mit Koffein oder Zitronen-Aroma: Noch ist es eine brauen Suppe.

Bier mit Koffein oder Zitronen-Aroma: Noch ist es eine brauen Suppe.

(Foto: Deniz Aykanat)

Das Bier brodelt in einem trichterförmigen Gefäß, auf der Oberfläche hat sich Schaum gebildet - doch trinken darf man die braune Flüssigkeit nicht. Zu gefährlich. Denn im Labor des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Technischen Universität in Weihenstephan ist das Bier kein Genussmittel, sondern eine Wissenschaft. Statt Hellem oder Weißbier wird hier Bier mit Koffein, Zitronenaroma oder Süßstoff gebraut.

Seit einem halben Jahr entwickeln 19 Studenten die neuen Bierkreationen - und haben damit schon einen Preis gewonnen. In Amsterdam traten sie unlängst bei der Europa-Ausscheidung des "International Genetically Engineered Machine Competition" an, dem größten Wettbewerb in Synthetischer Biologie. Die TU-Studenten erreichten die Endrunde und reisen nun nach Boston zur Endausscheidung am Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Der Hype um Bier-Mixgetränke brachte sie auf die Idee mit den besonderen Biersorten. Anders als handelsübliche Mischgetränke enthalten die TU-Biere aber keine synthetischen Zusatzstoffe. Die Studenten haben stattdessen Hefe mithilfe von Gentechnik so programmiert, dass sie während des Brauprozesses Koffein, Zitronen-Aroma, den Süßstoff Thaumatin oder den Krebshemmer Xanthohumol selbst herstellen kann. Doch warum Koffein? "Weil viele von Bier schnell müde werden", erklärt Studentin Jara Obermann. Und den Süßstoff Thaumatin? Weil vielen Frauen Bier zu herb schmecke.

Im TU-Team arbeiten vor allem Studenten der Molekularen Biotechnologie, aber auch Informatiker, Mathematiker, Biologen und Brauer. Ein BWL-Student kümmert sich um die Finanzen. "Mit unserem Bier retten wir zwar nicht die Welt", sagt Student Volker Morath. Mit seinen Kommilitonen will er aber zeigen, was in der Lebensmittel-Entwicklung alles möglich ist. Den Süßstoff Thaumatin etwa könne man auch zum Joghurt dazugeben. Dann habe der weniger Kalorien und schmecke trotzdem süß.

Wenige Tage vor der Abreise nach Boston steht Jara Obermann neben den Prototypen des Bieres im Labor. Sie trägt einen weißen Laborkittel und Latex-Handschuhe. Kritisch beäugt sie die braune Suppe, doch viel tun können sie und die anderen Studenten derzeit allerdings ohnehin nicht. Sie müssen erst abwarten, bis der Brauvorgang abgeschlossen ist.

TU-Studenten in Weihenstephan: Studentin Jara Obermann experimentiert im Labor in Weihenstephan.

Studentin Jara Obermann experimentiert im Labor in Weihenstephan.

(Foto: Deniz Aykanat)

Am kommenden Sonntag stellen die Studenten in Boston ihr Projekt vor, am Montag wird der Gewinner verkündet. Der Preis: kein Geld, sondern ein Legostein. Er symbolisiert das Bauprinzip in der Gentechnik, denn die Gen-Bausteine sind so standardisiert, dass man alle miteinander kombinieren kann. Am MIT entsteht so ein weltweiter Wissensspeicher, eine "Gen-Bibliothek", wie Morath sagt. "Wenn jemand einmal etwas mit Koffein machen will, kann er sich unsere Genbausteine bestellen."

Bisher durften die Studenten ihre Bier-Erfindung allerdings noch nicht einmal probieren. "Das wäre zu gefährlich", sagt Morath. Es könnten noch Mikroorganismen drin sein oder der Koffein-Gehalt viel zu hoch. Kommerziell brauen und vertreiben werden die Studenten ihr Bier wohl nicht. Der Weg bis zur Freigabe eines Lebensmittels sei zu mühsam und langwierig. Etiketten haben sie für ihr "TUM Brew" aber trotzdem designt. Wenn der Prototyp schmeckt, wollen sie mit dem Brauen von Koffein-Bier und Limonen-Bier weitermachen - für den Eigenbedarf.

TU-Studenten in Weihenstephan: Sie wollen traditionelle Braukunst mit Molekularer Biotechnologie verbinden: Am MIT in Boston messen sie sich mit Teams aus aller Welt.

Sie wollen traditionelle Braukunst mit Molekularer Biotechnologie verbinden: Am MIT in Boston messen sie sich mit Teams aus aller Welt.

(Foto: Astrid Eckert (TU München))
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