Trudering:Machtwort aus dem Rathaus

Oberbürgermeister Dieter Reiter stoppt die Pläne zur Bebauung der Unnützwiese

Von Heiner Effern und Ulrike Steinbacher, Trudering

Schnell will die Stadt neue Wohnungen bauen, unkompliziert, unbürokratisch. Doch auf der Unnützwiese in Trudering lässt sich das nicht umsetzen, muss Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einräumen. Die Juristen der Regierung von Oberbayern und des Innenministeriums sähen "auch bei großzügiger Auslegung" derzeit kein Baurecht auf dem Grundstück, erklärte ein Sprecher der Regierung. Reiter akzeptiert das, obwohl die städtischen Juristen zu einem anderen Ergebnis gekommen sind. Sein Bauprogramm "Wohnen für alle" soll schnell greifen, um für einigermaßen bezahlbare Mieten in München zu sorgen. Das von der Regierung angemahnte Bauleitplanverfahren lehnt Reiter deshalb ab wie einen drohenden Prozess. "Ich habe daher die Verwaltung beauftragt, die Planungen für eine Bebauung der Unnützwiese einzustellen und nach einem alternativen Grundstück in der Umgebung zu suchen", schreibt der OB in einer Erklärung.

Trudering: Aufatmen: spielen, bolzen oder einfach die Seele baumeln lassen - die Unnützwiese bleibt, was sie für die Anwohner immer war.

Aufatmen: spielen, bolzen oder einfach die Seele baumeln lassen - die Unnützwiese bleibt, was sie für die Anwohner immer war.

(Foto: privat)

Mit der Entscheidung hat die Bürgerinitiative "Rettet die Unnützwiese" ihr Ziel erreicht. Bei aller Begeisterung darüber kann sich Sprecher Stefan Hofmeir eine Prise Ironie Richtung Rathaus nicht verkneifen: "Uns freut es sehr, dass die Stadtplanung jetzt zu der Erkenntnis gekommen ist, die wir schon lange haben." Die Initiative sei nicht grundsätzlich gegen Nachverdichtung, "sondern unser Herz hängt an der Grünanlage", erklärte Hofmeir. Bei der Suche nach einer Ersatzfläche werde man der Stadt gerne behilflich sein. "Im Münchner Osten lassen sich sicherlich solche Grundstücke finden." Hofmeir geht davon aus, dass seine Mitstreiter genau wie er das Bürgerbegehren "Grünflächen erhalten" trotz Reiters Rückzieher weiterverfolgen wollen. Seit November sammelt die Bürgerinitiative Unterschriften, um die 650 ausgewiesenen Grünflächen der Stadt vor einer Bebauung zu bewahren. Etwa 35 000 Münchner müssten unterschreiben, damit es zu einem Bürgerentscheid kommt, knapp die Hälfte habe man zusammen, sagte der Sprecher. Wie es weitergehe, müsse man noch diskutieren. "Da hat er uns jetzt überrollt", sagte Hofmeir mit Blick auf den Vorstoß des OB. Das nächste Treffen sei am Donnerstag geplant.

Unnützwiese

Widerstand: Lange hat eine Bürgerinitiative für die Grünfläche gekämpft.

(Foto: Privat)

Anfang August hatte der Stadtrat beschlossen, die Unnützwiese zu einem Standort im Programm "Wohnen für alle" zu machen. Zunächst waren 55 Wohnungen für sozial Benachteiligte und anerkannte Flüchtlinge geplant, nach Protesten reduzierte die städtische Wohnungsgesellschaft Gewofag die Zahl auf 48.

Die CSU im Stadtrat kritisiert, dass Reiter mit seinem Bauprogramm nach dem Ärger in der Carl-Wery-Straße in Neuperlach wieder am Baurecht gescheitert sei. Dort hatte ein Gericht den Umfang der Pläne eingeschränkt. "Die Stadt bekommt zum zweiten Mal eine auf den Deckel", sagte Stadtrat Hans Podiuk. Beide Male hätten Experten gewusst, "dass das nicht geht". Wenn die Stadt "auf Teufel komm raus" baue, schaffe das Misstrauen bei den Bürgern. Podiuk fordert "eine Nachverdichtung mit Augenmaß".

Die Gegner der Baupläne in Trudering argumentierten ähnlich: Die Wiese sei zu groß, um sie rechtlich als Baulücke zu behandeln. Dieser Auffassung schloss sich der CSU-Landtagsabgeordnete Markus Blume an und brachte die Prüfung ins Rollen, die jetzt in den Planungsstopp mündete. Er legte das Thema dem Petitionsausschuss des Landtags vor, der eine Stellungnahme der Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde der Stadt anforderte. Er freue sich für die Anwohner, "dass deren Engagement sich auszahlt", sagte Blume nun. Bebauung "muss man mit den Bürgern durchsetzen und nicht gegen die Bürger". Der CSU-Abgeordnete hatte OB Reiter schon wegen der Probleme an der Carl-Wery-Straße angegriffen. Dieser schoss zurück: Die Stadt könne dort einen Großteil ihrer Pläne umsetzen. "Plumpe Wahlkampfpolemik hilft den Menschen in München nicht."

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