Getränke:Die Masche mit der Flasche

Vorstellung neues Buch: Made in Munich. Café Cord Bar (Sonnenstraße 19)

Die Entscheidung am Tresen wird immer schwieriger: Denn in den Münchner Bars werden mittlerweile viele verschiedene, oft auch unbekannte Getränke angeboten. Fotos: Florian Peljak

In München entstehen viele neue Getränkefirmen, gerade die Jungen wollen lieber Cola aus der Isarvorstadt als aus den USA.

Von Pia Ratzesberger

Die erste, die so richtig auffiel, war wahrscheinlich die Flasche mit dem blau-roten Kronkorken. Sie sah aus wie ein Bier, war aber eine Limonade und dazu auch noch Bio. Mitte der 2000er Jahre bestellte man auf einem Konzert von Wir sind Helden also keine Coca-Cola mehr, erst recht keine Fanta, sondern eine Bionade aus Franken. Sie verlieh den Glanz des bewussten Konsums und sie ließ so manchen glauben, er hebe sich von der Masse ab, auch wenn alle um ihn herum die Flasche mit den blau-roten Kronkorken orderten. Spätestens als McDonald's die Bionade feilbot, war die Individualität dahin, doch die Regale füllten in den folgenden Jahren immer mehr neue Getränke, gerade in München, mit Herstellern aus München.

"Crew Republic" braut Craft Beer wie "Munich Easy", die Limo von "Konterbrause" soll gegen den Kater helfen, es gibt eine Limonade namens "Flause" aus Haidhausen, eine namens "Balis" aus Sendling, einen "Feel"-Gin aus Pasing. Allein in dem Mitte vergangener Woche im München Verlag erschienenen Buch "Das Beste in München. Aus München - Made in Munich" von den Autoren Dr. Astrid Dobmeier, Alexander Wulkow und Amadeus Danesitz, die Münchner Produkte und deren Macher vorstellen, finden sich etwa zwei Dutzend solcher junger Unternehmen, denn in der Stadt an der Isar ist die Nachfrage nach neuen, extravaganten Getränken besonders groß.

Franz Huemer zum Beispiel, ein Mann mit streng zurückgelegten Haaren und brauner Brille, hat darauf gesetzt, erfolgreich; er hortet in seinem kleinen Laden in der Baaderstraße mehr als 2000 verschiedene Flaschen. Bald wird er umziehen, in ein Geschäft mit mehr Fläche. Sein Laden "Szenedrinks" ist bekannt geworden, weil er als einer der wenigen Spätis in der Stadt gilt, doch eben auch, weil die Münchner so gerne "Szenedrinks" kaufen. Erst neulich war wieder ein Kunde da, sagt Huemer, zurück von der Geschäftsreise, stets viel unterwegs, diesmal in Atlanta. Man gehe dann aus, man koste ein helles Bier, eine herbe Limo; Vielreisende seien offener für neue Getränke, wollten auch Zuhause nicht immer nur die gleiche Spezi trinken. In einer Stadt wie München wohnen solche Vielreisenden, mit gutem Gehalt.

Die Getränke der kleinen Münchner Firmen sind oft teurer als die der Konzerne, die Hunderte von Ländern beliefern. Doch gerade die Jungen sind bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie das Gefühl haben, dass es sich lohnt - vorausgesetzt, dass sie dieses Geld auch haben, es ist ein Phänomen der Besserverdienenden. Beim Marktforschungsunternehmen GfK heißt es, die neuen Firmen machten den Alten keine auffallenden Marktanteile streitig, aber die Etablierten verlören ganz natürlich an Marktmacht, da ihr Klientel älter wird und sie unter den Jungen lange nicht mehr das Ansehen haben wie in den vorigen Generationen.

Das gleiche Bier oder die gleiche Limo wie der Vater trinken, das wollten ja auch die heute Alten nicht, als sie einmal jung waren. Dann doch lieber Bionade. Oder "Munich Easy".

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