Treffpunkt:Domino-Effekt

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Der "Burenwirt" steht zum Verkauf. Sollte das 120 Jahre alte Gebäude abgerissen werden, fürchten die Aubinger, könnte auch der Ensembleschutz des Dorfkerns gefährdet sein - mit negativen Folgen fürs Ortsbild

Von Ellen Draxel, Aubing

Der Burenwirt, Traditionslokal und Treffpunkt für eine ganze Reihe von Aubinger Vereinen, steht zum Verkauf. Der bisherige Eigentümer hat die Bayerische Landesbausparkasse beauftragt, für das Anwesen samt Wirtschaft, Metzgerei und Wohnungen einen neuen Besitzer zu finden. Als "prestigeträchtiges Gebäude, eingebettet im historischen Ortskern", ist das "Wohn- und Geschäftshaus im Münchner Westen" bei der LBS inseriert - für einen Kaufpreis von 3,5 Millionen Euro.

Der Burenwirt ist eine Aubinger Institution. Die Gaststätte gibt es bereits seit 120 Jahren, 1899 wurde das Gebäude anstelle eines Stadels errichtet. Die heutige Metzgerei kam 1937 hinzu. Jahrhundertelang zählte das Anwesen unterhalb der denkmalgeschützten Kirche St. Quirin zu den größten Höfen im Ort, die Gründung geht bis auf die Zeit um 1670 zurück. Zehn Generationen sind in der Historie nachweisbar. "Der Burenwirt ist eine von zwei noch verbliebenen Gastwirtschaften Aubings, die von den Vereinen und der Bevölkerung intensiv genutzt wird", weiß Klaus Bichlmayer. Der geplante Verkauf will ihm deshalb so gar nicht gefallen.

Treffpunkt für viele Vereine: Der 1899 errichtete Burenwirt ist eine von zwei verbliebenen Gastwirtschaften in Aubing. (Foto: Klaus Bichlmayer)

Bichlmayer ist Vorsitzender des "Fördervereins 1000 Jahre Urkunde Aubing", dem Verein ist es maßgeblich zu verdanken, dass Aubings Dorfkern seinen Ensemblestatus nach wie vor hat. Nun aber befürchten die Aktiven, dass mit dem Verkauf des Hauses an der Altostraße 7 ein "besonders schützenswertes Gebäude" von der Bildfläche verschwindet. Denn abgesehen von seiner sozialen, wirtschaftlichen und geschichtlichen Bedeutung für den Stadtteil stellt der Burenwirt aus Sicht des Fördervereins ein "für die ganze südliche Altostraße ortsbildprägendes Objekt" dar. Zum einen, weil es in einer Sichtachse mit St. Quirin steht. Zum anderen würde man, sollte das Gebäude nach dem Verkauf abgerissen und durch ein normales Wohngebäude ersetzt werden - was der Förderverein für sehr wahrscheinlich hält -, "aus dem Gesamtensemble einen eminent wichtigen Teil herausbrechen und den Charakter des Ensembles empfindlich stören", was womöglich weitere unerwünschte Entwicklungen nach sich zieht. In einem Schreiben an Stadtbaurätin Elisabeth Merk wird Bichlmayer deutlich: "Ein Stück Identität Aubings", warnt er, "steht auf dem Spiel". Der Verein bittet daher Merk, sich dafür einzusetzen, dass das Gebäude erhalten und saniert wird. Keinesfalls sollte vor Klärung der denkmalrechtlich wichtigen Punkte ein Vorbescheid erlassen werden. Außerdem sollten "vor jeder Entscheidung in der Sache die Aubinger Bürger über den Bezirksausschuss oder in Form einer Einwohnerversammlung einbezogen werden".

Ganz so drastisch wie Klaus Bichlmayer bewertet Sebastian Kriesel (CSU) einen Verkauf des Burenwirts nicht. Der Chef des Aubinger Bezirksausschusses ist zwar ebenfalls der Meinung, dass der Burenwirt "ein wichtiger Treffpunkt und sehr ortsbildprägend" sei. Und dass man an einen möglichen neuen Eigentümer "appellieren" müsse, "sich im Bewusstsein der historischen Bedeutung um das Gebäude zu kümmern und dieses zu erhalten". Bislang jedoch, gibt Kriesel zu bedenken, liege weder ein Abriss- noch ein Bauantrag vor. Außerdem handle es sich hierbei um Privatbesitz. "Und dazu können weder der Bezirksausschuss noch die Stadt München Vorschriften machen." Aber auch Kriesel ist "klar, dass Wohnungen mehr Rendite bringen als eine Wirtschaft".

Lange Geschichte: hier ein Bild von circa 1920. (Foto: privat)

Auf die Sorgen der Aubinger angesprochen, erklärt man bei der Landesbausparkasse, nichts deute in dem Inserat darauf hin, dass an der Altostraße 7 etwas Neues gebaut werden soll. "Das Angebot hat den Tenor, Etabliertes zu übernehmen", betont der stellvertretende Pressesprecher Dominik Müller. Es richte sich an Kapitalanleger, die Pacht- und Mieteinnahmen bevorzugten. Der Förderverein aber will lieber selbst aktiv werden. Bichlmayer und seine Mitstreiter überlegen, ob sie eine Brauerei bitten sollen, den Burenwirt zu übernehmen. Augustiner-Bräu vielleicht. Oder die Privatbrauerei Aying.

© SZ vom 14.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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