Trambahn durch den Englischen Garten in München:Gleise als gewaltige Glaubensfrage

Eine Zumutung für das Gartendenkmal - oder doch ein Clou für den Stadtverkehr? Die Lesermeinungen halten sich bisher etwa die Waage

Trambahn durch den Englischen Garten in München: Natürlich geht Trambahn auch auf grasbewachsenen Trassen: Die Linie 23 zwischen Münchner Freiheit und Parkstadt Schwabing macht es längst vor. Dennoch ist großer Streit über eine Trambahnlinie durch den Englischen Garten in München entbrannt. Die Lesermeinungen dazu halten sich etwa die Waage.

Natürlich geht Trambahn auch auf grasbewachsenen Trassen: Die Linie 23 zwischen Münchner Freiheit und Parkstadt Schwabing macht es längst vor. Dennoch ist großer Streit über eine Trambahnlinie durch den Englischen Garten in München entbrannt. Die Lesermeinungen dazu halten sich etwa die Waage.

(Foto: Florian Peljak)

"Seehofer schlägt die Schneise", "Die Tram, die verbindet - und trennt" sowie Kommentar "Eine Querung, die sein muss" vom 15./16. Juli und "Politik der Nadelstiche" vom 17. Juli:

Wie in Mailand oder Montpellier

Was musste ich da am Verkaufsständer der SZ lesen: "Eine Schneise durch den Englischen Garten"? - Das scheint mir nicht sehr objektiv. Ich persönlich freue mich sehr auf die Tram durch den Park. Ich bin früher immer vom Rotkreuzplatz über den Hauptbahnhof zum Arabellapark mit der U-Bahn gefahren. Durch den Lückenschluss geht das zukünftig viel bequemer und schneller und ohne die Abgase im Englischen Garten. Auch für Fußgänger und Radler wird es sicherer, da die Tram nicht einfach mal ausschert. Wenn Sie auch der Meinung sind, dass eine Trambahnstrecke sämtliche Bäume vernichtet, würde ich Sie zu einem Besuch in Haidhausen auffordern. Sehen Sie sich mal die Bäume am Bordeauxplatz an. Sehen sie dort eine Oberleitung? Kaputte Bäume? Schneisen? Und wenn sie schon mal da sind, nutzen Sie die Zeit für ein Bierchen in einem der vielen Restaurants in der Wörthstraße und schauen Sie den Trambahnen beim Cruisen zu.

Und am nächsten Tag besuchen Sie bitte die Herzogstraße und die Trambahngegner. Erleben Sie selbst, was urbanes Wohnen mit der Tram auf der einen Seite und Teerwüste mit Autos auf der anderen Seite bedeutet. Ach ja, ich könnte Ihnen noch vieles über die Trambahnstädte Mailand und Montpellier erzählen . . . Andreas Bettingen, München

Gegengeschäft

Die Volte von Herrn Seehofer könnte man auch so verstehen: Ich erfülle der Stadt München den Wunsch nach einer Tram durch den Englischen Garten und warte gespannt darauf, wie sich unser Oberbürgermeister weiter in Bezug auf die dritte Startbahn des Flughafens München verhält. Vielleicht weiß er es auch schon . . . Paul Sterzer, München

Garten-Tram als Kabinettstück

Es gibt über die im Artikel treffend genannten Gründe hinaus vermutlich noch einen weiteren Grund, warum Ministerpräsident Seehofer der Tram durch den Englischen Garten zu-stimmt: Der Münchner CSU-Chef Spaenle tritt zurück, weil er Charakter hat und sich nicht weiter vom Parteivorsitzenden "abkanzeln" oder "vorführen" (SZ 17.7.17) lassen will. Damit ist der Weg ins Kabinett frei für den Lieblingsschüler von Horst Seehofer, Markus Blume. Und schon ist die Frage von Seehofer (SZ 16.1.2017) geklärt: "Was stellen wir an mit dir?" Wohl wahr, die Tram verbindet - und trennt. Herbert Mack, Straßlach

Ein Elektrobus tät's auch

Das Selbstdarstellungsgeraufe der Politiker nimmt hier Ausmaße an, dass man nur noch staunen kann. Abgesehen von diesem Kasperltheater wird Entscheidendes übersehen: Diese Tramlinie ist in Wahrheit absolut keine "wichtige verkehrspolitische Frage für München". Und es geht auf den zweiten Blick auch nicht "um viel mehr", sondern um viel weniger. Nämlich um fast gar nichts. Die Fußtritte Seehofers gegen seinen speziellen Parteifreund - mit der Angelegenheit selbst haben sie nichts zu tun. Seehofer schlägt auch keine (neue) Schneise, denn die besteht ja schon durch die Busstraße. Man könnte auch einen Elektrobus einsetzen, wenn man schon auf der Diesel-Schelte mitreiten wollte... - Reiter möge mir verzeihen! Auf gut bairisch: Ob da ein Bus oder eine Tram fährt, ist eigentlich wurscht. Wurscht ist es aber nicht, dass auf dieser bestehenden Straße Noteinsätze gefahren werden können, die durch den künftigen Tunnel beziehungsweise den (bestehenden) Ring beziehungsweise über die Prinzregentenstraße sehr viel schwieriger und langsamer sind. Das ist mein Hauptargument gegen die Tram und für den Erhalt der Straße. Georg Faßrainer, München

Mitten durchs Gartendenkmal

Die Fehler der autogerechten Stadt der 60er Jahre dürfen bei der trambahngerechten Stadt nicht wiederholt werden. Vergleichbar baulichen Denkmälern ist der Status des Englischen Gartens als Gartendenkmal von außergewöhnlich hoher Bedeutung (Urteil Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 30. März 2006) zu respektieren und der Garten daher auch in Zukunft tabu für den Einbau von Schienen, die alleine durch die damit verbundenen Bauarbeiten den alten Baumbestand entlang der Trasse im Wurzelbereich unweigerlich schädigen würden. Durch die rein strategischen Planungen der MVG würden auch die bisherigen Nutzer der Trasse und der querende Erholungsverkehr stark behindert werden. Schienen und Radverkehr vertragen sich bekanntlich nicht nur im Bereich von Haltestellen schlecht. Der jetzige Busverkehr, der hoffentlich bald durch alternative Antriebe noch umweltfreundlicher wird, ist flexibel und stellt zumindest für mich bei dem überwiegend hohen Niveau der Rücksichtnahme durch Busfahrer auf die Menschen im Englischen Garten kein Problem dar. Gernot Lutz, München

Schlecht für Fußgänger

Die abgebildete Simulation verdeutlicht das Kernproblem einer Straßenbahn durch den Englischen Garten: Verkehrsteilnehmer Nummer eins muss der Fußgänger, das absolut vorrangige Verkehrsmittel dort sollte auf jeden Fall das Fahrrad sein. Radfahrer kommen jedoch in dieser Simulation buchstäblich nur am Rande vor, Fußgänger gar nicht. In Wirklichkeit drängen sich auf dieser Strecke an warmen Tagen hunderte von Fußgängern und Radfahrern, die bisher mit dem Busverkehr völlig kollisionsfrei zurechtkommen. Die Trambahn hat einen wesentlich längeren Bremsweg als der Bus, die Schienen werden zu hunderten von Verletzungen stürzender Radfahrer führen. Von den dann straßenbahnlärmgeplagten Anwohnern von Franz-Joseph- und Martiusstraße ganz zu schweigen. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum mit Unsummen Steuergeld ein völlig unproblematischer Zustand verschlimmbessert werden sollte.

Sinnvoll wäre es, die Busse mit Elektroantrieb auszustatten und zeitweise kleinere Busse einzusetzen. Und warum sollten nicht E-Busse von Bogenhausen nach Schwabing fahren? Christoph Randl, München

Spaenle ist überempfindlich

An dieser Stelle Dank an Herrn Seehofer, dass er aus rein parteipolitischen (!) Gründen über seinen Schatten gesprungen ist und ein wichtiges Trambahnprojekt befürwortet hat. Notiz an Herrn Spaenle: Wirklich bemerkenswert, dass Sie für den Erhalt des Englischen Gartens kämpfen. Aber wer will ihn denn aufgeben? Soll der Hauptbahnhof in den Südteil des Englischen Gartens verlegt werden? Soll hier eine ICE-Trasse gebaut werden? Zur Erinnerung, Herr Spaenle: Erst vor kurzem wurde eine zusätzliche Fahrspur in Richtung Schwabing an den Mittleren Ring hingepfriemelt inklusive Brückenverbreiterung über die Gyßlingstraße. Dem Individualverkehr stärken Sie den Rücken. Auch quer durch den Englischen Garten. Aber keinesfalls einem Ersatz von drei (!) Buslinien auf einer bestehenden Straße durch eine Straßenbahnstrecke auf einem Rasengleis ohne (!) Fahrleitung. Hier wird keine "neue Schneise" geschlagen! Martin Korsch, München

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