Trafo-2-Projekt:Hülle bauen, Inhalt suchen

Baustelle für das Projekt "Trafo 2" in München, 2015

Kein Stillstand: Während der Lärmschutz noch geprüft wird, sind die Bagger bereits am Werkeln.

(Foto: Robert Haas)

Obwohl mehrere Klagen der Anwohner gegen das Trafo-2-Projekt mit Kultursaal, Kinderkrippe und Wohnungen erfolgreich waren, baut die Stadt weiter. Sie prüft nun erneut den Lärmschutz für die angestrebte Nutzung

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Es sah nach einem Sieg auf ganzer Linie aus: Im April haben Nachbarn bereits zum zweiten Mal mit einer Klage die Baugenehmigung für einen Kultur- und Bürgersaal, 15 Sozialwohnungen, eine Kinderkrippe und eine Tiefgarage - kurz "Trafo 2" genannt - zu Fall gebracht. Jetzt war dieselbe Eigentümergemeinschaft aus der Johann-von-Werth-Straße 5 auch mit einem Eilantrag auf sofortigen Baustopp erfolgreich. Dennoch wird auf der Baustelle an der Aldringenstraße, hinter der Neuhauser Stadtteilbibliothek, weiter ausgeschachtet und gebaggert. Die Stadt hat nun eine sogenannte Teilbaugenehmigung erlassen. Diese legalisiert nur den Baukörper, nicht die Nutzung. Für Hermann Patsch, Sprecher der Eigentümergemeinschaft, ist das "Tricksen".

Frank Boos, Sprecher des für das Projekt federführenden Sozialreferates, hält dagegen: "Das war notwendig, ein Baustopp hätte immense Kosten bedeutet. Hier geht es um Steuergelder." Mehrere 100 000 Euro könnten durch die Einstellung der Bauarbeiten verloren gehen, hatte die Stadt in ihrer Stellungnahme zu dem Eilantrag eingewandt, und auch die Eröffnung der dringend benötigten Kinderkrippe würde sich hinauszögern. Schon durch die Niederlage in der ersten Runde vor dem Verwaltungsgericht im Jahr 2011 hatte die Stadt rund eine Million Euro Fördermittel für den Krippenbau verloren - aus dem Konjunkturpaket II, das damals kurz vor dem Auslaufen stand. Weitere Kostensteigerungen will sie gerade deshalb unbedingt vermeiden. Die erste Baugenehmigung gegen den Trafo 2, ein städtisches Projekt, hatte das Verwaltungsgericht im Jahr 2011 kassiert.

Ging es in diesem Verfahren vor allem um die Gebäudegrößen und Abstandsflächen, konzentrierten sich die Nachbarn und ihr Anwalt bei der Klage gegen die überarbeitete, 2013 erlassene Baugenehmigung auf den Lärmschutz. In der Tat bemängelte das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung im April das der Baugenehmigung beigefügte Lärmgutachten als unzureichend und trug der Stadt auf, nachzubessern.

Wie viel Lärmschutz die Nachbarn einfordern können, wie viel Lärm sie beim Kultur- und Krippenbetrieb ertragen müssen, wird nun in der Verwaltung überprüft. Das Referat für Umwelt und Gesundheit ist eingeschaltet, es soll unter anderem auch präzisieren, welche und wie viele besonderen Veranstaltungen im Bürgersaal geplant sind. In einen neuen Bauantrag, der auch die Nutzung einschließt und laut Boos noch im zweiten Quartal 2015 zu erwarten ist, werde die Stadt "selbstverständlich die Punkte aus dem Urteil einarbeiten".

Wie intensiv die Neuhauser in Zukunft den lange ersehnten Kultursaal - der bereits von 300 auf 200 Plätze abgespeckt worden ist - nutzen können und welche Einschränkungen es möglicherweise für den Veranstaltungsbetrieb und für das Parken in der Tiefgarage geben wird, ist im Moment schwer abzuschätzen. Die schriftliche Begründung des Urteils, mit dem die Baugenehmigung aufgehoben wurde, liegt noch nicht vor.

Ingeborg Staudenmeyer, Vorsitzende des Stadtteilkulturvereins Neuhausen-Nymphenburg, der die Trägerschaft für den Kultursaal übernehmen soll, gibt sich gelassen: "Ich habe keine Angst vor großen Einschränkungen. Welchen Lärm soll denn ein Theaterstück oder eine Lesung erzeugen?" Selbst bei Rockkonzerten oder einem Faschingsball sei der Lärmschutz durch die Dämmung gesichert. Dass die klagenden Anwohner mit zusätzlichem Verkehr durch Einfahrten in die Tiefgarage und Parkplatzsuche in den Straßen argumentieren, findet sie "an den Haaren herbeigezogen". Die Anbindung des Kultursaals durch U-Bahn, Tram und Busse sei "optimal", so dass nur wenige Besucher überhaupt per Auto kommen würden.

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