Trängselavgift:Stockholm plant und hofft

In Stockholm soll die Maut, in der Landessprache "trängselavgift" (wörtlich: "Gedrängeabgabe"), Anfang 2005 probeweise eingeführt werden. Nach einem Jahr werden die Erfahrungen mit der Maut bewertet, ehe im September 2006 eine Volksabstimmung über ihre endgültige Einführung abgehalten werden soll.

Gerhard Fischer

In der schwedischen Hauptstadt denkt man bereits seit 20 Jahren über eine Maut nach, um die belebte Innenstadt zu entlasten. Aber die Politiker scheuten sich lange, die unpopuläre Maßnahme in Angriff zu nehmen. Die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten, Annika Billström, ging 2002 sogar mit dem Versprechen in den Wahlkampf, auf eine Maut zu verzichten.

Dass es anders kam, liegt an den Grünen. Sie rangen den Sozialdemokraten in den Koalitionsverhandlungen das Zugeständnis ab, die Abgabe einzuführen, in der Hoffnung, den Autoverkehr um bis zu 15 Prozent einzudämmen.

Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt es ab, dass man Geld für das Passieren der Innenstadt-Grenzen bezahlen soll. Das Institut Temo hat im vergangenen Oktober mehr als tausend Stockholmer befragt. 55 Prozent stimmten gegen die Maut, nur 39 Prozent waren dafür. Zustimmung kam vor allem von den Wählern der Grünen und von jungen Menschen. Zu den exponierten Gegnern der Maut zählen erwartungsgemäß die Geschäftsleute in der Innenstadt.

Der Chef der Handelskammer, Peter Egardt, sagte der Zeitung Dagens Nyheter, er befürchte ähnlich wie in London eine starke Einnahmeeinbußen, zumal - anders als in London - die Mautzonen in Stockholm die ganze Innenstadt umfassen würden.

Der Auftrag für das Mautsystem, das 500 bis 600 Millionen Kronen (etwa 60 Millionen Euro) kosten soll, wird vermutlich im Frühjahr vergeben. Fest steht bislang, dass in einem Ring um die Innenstadt an 19 Plätzen 38 Mautstationen errichtet werden. Möglicherweise wird es für Vielfahrer Antennen oder Dosen im Auto geben, um das Abrechnen zu erleichtern. Während des Berufsverkehrs (von 7.30 bis 8.30 Uhr und von 16 bis 17.30 Uhr) sollen die Autofahrer 20 Kronen (gut zwei Euro) bezahlen müssen, ansonsten zehn Kronen.

Im ersten Jahr erhofft sich die Stadt Einnahmen von 1,2 Milliarden Kronen (gut 130 Millionen Euro). Das Geld soll dem Öffentlichen Nahverkehr und der Infrastruktur zugute kommen.

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