Tollwood:Demokratie im Wohnzimmer

Schmuckfoto München Zentrum

Die Wiesn geht, das Tollwood kommt - vom 23. November bis zum 31. Dezember auf der Theresienwiese.

(Foto: Florian Peljak)

Das Winter-Tollwood will dieses Jahr an die Bedeutung von Grundwerten erinnern

Von Lena Lanzinger

Welche sind die Werte, die uns als Gesellschaft zusammen halten? Für welche Werte müssen wir uns täglich aufs Neue einsetzen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich auch das Münchner Tollwood-Team bei der Pressekonferenz für das anstehende Winterfestival. Europa ist von politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen geprägt - in dieser Zeit gelte es mehr denn je, die freiheitlich demokratischen Grundwerte zu bewahren.

"Wir, alle" lautet das diesjährige Thema des Tollwood Winterfestivals, das vom 23. November bis zum 31. Dezember auf der Münchner Theresienwiese stattfindet und eine klare Botschaft hat: ",Wir, alle' sind verantwortlich für die Gesellschaft und die Welt, in der wir leben, denn Demokratie ist keine Dienstleistung", sagte Rita Rottenwallner, Gründerin des Festivals.

Die Installation "Wohnzimmer Demokratie" soll Besucher zu einem Diskurs anregen: "Welche Stadt wollen wir sein?", lautet hier die Frage die Redakteure der Süddeutschen Zeitung den Besuchern stellen. In diesem sogenannten Wohnzimmer hängen zehn Wandbilder mit freiheitlichen, demokratischen Grundwerten wie Meinungsfreiheit, Respekt oder Gleichberechtigung an der Wand. Daneben stehen Telefonhörer bereit, durch die Besuchern konkrete Fragen gestellt werden: "Was ist Freiheit?", "Wo endet Toleranz?", "Wie weit geht Teilhabe?". Einfache Fragestellungen mit vielen Antwortmöglichkeiten, von denen sich wahrscheinlich nur wenige decken werden. Ihre persönlichen Antworten können Besucher in ein Buch schreiben, so soll ein Diskurs entstehen.

Im "Weltsalon" dreht sich alles um gesellschaftliche und ökologische Themen. Der spanische Urban-Art-Künstler "SpY" formt auf elf Metern das Wort "Democracy" mit Hilfe Tausender zwei Cent Stücke. Sein Werk ist damit allerdings nicht abgeschlossen, sondern fängt erst an: Wie viele der Geldstücke werden am Ende des Festivals noch über sein? Zählt für die Besucher der Wert des Kunststückes, oder siegt die Gier, und Gäste lösen die Geldstücke aus dem Kunstwerk, bis sich dessen Wert wortwörtlich auflöst? Daneben befinden sich weitere Installationen wie ein "Gebetomat", der auf unzähligen Sprachen beten kann oder ein "Shop der Menschenverachtung", der illegale Produkte anbietet, die Hass und Ausgrenzung in der Gesellschaft zementieren.

Die Organisatoren des Tollwood haben die Pressekonferenz genutzt, um erneut die Stadt zu kritisieren. 2007 wurde dem Tollwood-Festival der "Münchner Umweltpreis" für das Engagement für artgerechter Tierhaltung verliehen. Auf dem Festival gibt es ausschließlich grünen Strom und Bio-Lebensmittel, nach Plastiktüten und Einweggeschirr sucht man vergeblich. Zehn Jahre später hatte Rottenwallner den Preis aus Protest gegen die Stadtpolitik zurückgegeben. Das 2006 eingeläutete Projekt "Biostadt München" sei durch Veranstaltungen wie das Oktoberfest und das Stadtgründungsfest blockiert. Die Stadt falle der Bio-Landwirtschaft in den Rücken und leiste der industriellen Massentierhaltung Vorschub.

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