Togo:Angst vor dem Diktator

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Ein Exil-Oppositioneller soll zurück nach Togo, vor dessen Regime er einst floh.

Andreas Kröner, Eike Petering

Der Termin hat ihm schlaflose Nächte bereitet: Heute, am 9. Dezember, muss Akakpo Dossou im Kreisverwaltungsreferat vorsprechen. Es geht um nichts weniger als seine Abschiebung nach Togo. Zwar glaubt sein Anwalt, dass die Behörden ihm erlauben werden, noch vier Wochen in Deutschland zu bleiben, aber sicher ist das nicht.

Spätestens im Januar läuft die Frist für Akakpo ab. Es drohen: Festnahme, Abschiebehaft im Gefängnis Stadelheim, zurück nach Togo. Zum Regime von Diktator Gnassingbe Eyadema, vor dem der Oppositionelle 1994 in Todesangst floh. "Eyademas Leute warten nur darauf, mich zu kriegen", fürchtet Akakpo Dossou.

Der 34-Jährige hat kurze, gelockte Haare und ist von kräftiger Statur. Seine warme Stimme klingt selbstbewusst, nur das unaufhörliche Händekneten verrät, wie nervös Akakpo ist: "Das Regime beobachtet Togoer wie mich, die aus dem Exil den Widerstand gegen Eyadema organisieren, genau." In seiner Heimat drohen Akakpo nach Meinung von Fachleuten Folter und Tod: "Togo ist alles andere als ein Rechtsstaat.

Dort finden massenhaft Menschenrechtsverletzungen statt", warnt Dirk Kohnert, stellvertretender Direktor des Instituts für Afrikakunde in Hamburg. "Es gibt Exilpolitiker, an denen sich das Regime nach ihrer Rückkehr gerächt hat. Alle Sicherheitskräfte - vom Geheimdienst bis zum Dorfpolizisten - sind auf Eyadema eingeschworen und schlagen nach Belieben los."

Seit den Präsidentschaftswahlen 2003 hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Auch im Auswärtigen Amt gibt es große Vorbehalte gegen das Regime in Togo. Für einen Insider aus Berlin, der anonym bleiben möchte, steht fest, dass "Eyadema die Phase der Demokratisierung vor der Wahl nur zugelassen hat, um den Feind zu orten. Jetzt weiß er, wo seine Gegner sitzen und geht radikal gegen sie vor."

Hoffnung Deutschland

Die Lage heute sei vergleichbar mit 1994, als das Regime Dutzende Widerständler ohne Gerichtsverfahren hinrichtete. In jenem Jahr floh Akakpo aus dem Land an der westafrikanischen Küste. Vor den Parlamentswahlen 1994 hatte er das große Oppositionsbündnis CAR unterstützt. "Am Wahltag selbst war ich Beobachter in einem Wahlbüro in meiner Heimatstadt Kaboli.

Dort haben Eyademas Leute massiv Stimmen gefälscht", erinnert sich Akakpo: "Ich protestierte, das Wahlbüro wurde geschlossen und das Regime klagte mich an." Sein Anwalt riet ihm, nicht vor Gericht zu erscheinen: "Einen fairen Prozess hätte es nicht gegeben." Akakpo verließ die Stadt, setzte sich ins Nachbarland Benin ab. Weil er durch ein Entwicklungshilfeprojekt in einem Nachbarort Deutsche kennen gelernt hatte, flog er nach München: "Ich dachte, in Deutschland versteht man mich."

Seine Hoffnungen erfüllten sich nur bedingt: Akakpo bekam eine befristete Aufenthaltserlaubnis, fand Arbeit in einer Bäckerei und viele Freunde. "Mein Asylantrag wurde aber nach einem langwierigen Kampf mit den Behörden abgelehnt." Im Frühjahr dieses Jahres scheiterte auch das Folgeverfahren. "Das Gericht sagt, die Gefahr für mich in Togo sei nicht groß genug."

Mit diesem Urteil will sich sein Münchner Anwalt Uwe Buschmann nicht abfinden. Er bereitet ein weiteres Verfahren vor: "Das Gericht muss einsehen, dass mein Mandant ein exponierter Oppositionsführer ist".

Seit seiner Ankunft in München kämpft Akakpo aus dem Exil für die Errichtung eines Rechtsstaates in seiner Heimat: 1996 und 1997 als Mitglied der Münchner "Demokratischen Konvention der Afrikanischen Völker", seit 2001 als Sprecher der "Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten" in München.

Sein großes Ziel, "dass die rund tausend hier in Bayern lebenden Togoer mit einer Stimme sprechen", erreichte er im Oktober dieses Jahres: Aus sechs Splittergruppen entstand die "Vereinigung der Demokratischen Togoischen Kräfte in Bayern", die sich monatlich trifft. Akakpo koordiniert den Widerstand gegen Eyadema und organisiert Demonstrationen. "Deshalb wäre er bei einer Rückkehr nach Togo hochgradig gefährdet", argumentiert sein Anwalt. "Dass Diktator Eyadema überall in Deutschland seine Spitzel hat, erkennen die Gerichte ja an."

Diese sind besonders seit dem Besuch Eyademas auf der Expo 2000 aktiv. "Kommt ihr mir mal nach Hause, Bürschchen", soll der Diktator den Exilanten in Deutschland damals gedroht haben. Sie hatten zu Hunderten auch dagegen protestiert, dass Außenminister Joschka Fischer und Bundespräsident Johannes Rau dem dienstältesten Diktator Afrikas einen Empfang bereiteten.

Immerhin erfreute sich Eyadema lange Zeit der besonderen Gunst der einstigen Kolonialmächte Frankreich und Deutschland. Schon mit Franz Josef Strauß teilte er seine Jagdleidenschaft und zählte den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten zu seinen persönlichen Freunden. "Bis 1990 war die Bundesregierung quasi Steigbügelhalter des Eyadema-Regimes", sagt Afrika-Experte Kohnert.

Dabei sind die Methoden des Diktators seit Jahrzehnten bekannt: Es gibt Vorwürfe, dass Eyadema den ersten Präsidenten der 1960 unabhängig gewordenen Republik Togo, Sylvanus Olympio, eigenhändig erschossen haben soll. Gegen Olympios Nachfolger Nicolas Grunitzky putschte Eyadema vier Jahre später. Seitdem hält er sich mit Repressionen und politischen Winkelzügen an der Macht. Bis 1993 stützte sich sein Regime dabei auch auf Wirtschaftshilfen aus Europa und Deutschland.

Um Akakpo zu retten, hat sich in München eine ungewöhnliche Koalition gebildet: Der Chef der Bäckerei, für die der Togoer arbeitet, ist aktiver CSU-Mann und setzt sich jetzt mit Kollegen genauso für Akakpo ein wie die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. "Auch von FDP, SPD und PDS haben schon Leute mit mir gesprochen", sagt Akakpo, der auf Demonstrationen und Podiumsdiskussionen viel Kontakt mit deutschen Politikern hat. "Hoffentlich helfen sie, meine Abschiebung zu verhindern."

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