Tödlicher Sturz aus U-Bahn:Unfall war offenbar Wette

Weil sich bei voller Fahrt die Tür eines U-Bahn-Waggons öffnet, stürzt ein junger Mann in einen Tunnelschacht - und stirbt. Zeugenaussagen zufolge, soll er betrunken gewirkt und mit Freunden gewettet haben, ob man die Tür während der Fahrt aufbekomme.

Bei voller Fahrt ist in der Nacht zum Samstag ein 28-jähriger Mann aus der U-Bahn gestürzt, er war sofort tot. Auslöser für den Unfall war offenbar eine Wette unter Freunden. Eine Zeugin hat bei der Polizei ausgesagt, dass es "Thema in der Gruppe gewesen" sei, ob es jemand schaffe, die Tür während der Fahrt zu öffnen. Der Mann habe das dann ausprobiert.

Die Bekannten des Opfers werden derzeit noch von den Beamten vernommen, offenbar gibt es aber bereits Hinweise, die diese Version bestätigen. Die Polizei sucht nun nach weiteren Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben.

Auch die Staatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet: "Wir prüfen, ob ein Fremdverschulden oder Mitverschulden in Betracht kommt", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. "Wir müssen ausschließen, dass in es in irgendeiner Form eine fahrlässige Tötung sein könnte." Bei derartigen Todesfällen nehme die Anklagebehörde routinemäßig Ermittlungen auf.

Der 28-Jährige war gemeinsam mit sieben Freunden in der Nacht zum Samstag gegen 1:05 Uhr auf dem Heimweg von einer Feier in der Messestadt Riem aus dem fahrenden Zug der Linie U 5 zwischen den Bahnhöfen Innsbrucker Ring und Ostbahnhof gestürzt. Laut Zeugenaussagen wirkte er betrunken.

Nach dem Unfall zogen Fahrgäste die Notbremse. Nach Auskunft der MVG machten sie am Ostbahnhof, wo der Zug wegen der Notbremsung stehenblieb, die U-Bahnwache aufmerksam. Diese fand den Verunglückten tot neben dem Gleis im Tunnel. Der Betrieb wurde sofort in beiden Fahrtrichtungen eingestellt.

Unklar ist nach wie vor, warum sich die Tür überhaupt bei voller Fahrt öffnen ließ. Die U-Bahn wurde von der Polizei sichergestellt und versiegelt und steht nun auf dem Verschiebebahnhof in Fröttmaning. Dort wird sie derzeit von einem unabhängigen Gutachter untersucht.

Wegen eines Festplattenfehlers kann laut Angaben der MVG das Überwachungsvideo aus dem Zug nicht ausgewertet werden. Die Aufnahmen vom Bahnsteig zeigten, dass sich die Türen vor der Abfahrt am Innsbrucker Ring ordnungsgemäß geschlossen hatten. Der doppelt gesicherte Schließmechanismus sei nach dem Unfall von Polizei und MVG überprüft worden - er habe einwandfrei funktioniert, hatte die Verkehrsgesellschaft am Sonntag erklärt. Am Montag hieß es auf Anfrage der SZ: "Fakt ist, dass sich die geschlossenen Türen nur mit gezielter Manipulationsabsicht und grober Gewalt aufdrücken lassen."

Ein Fahrgast, der regelmäßig auf der Strecke zwischen dem Innsbrucker Ring und dem Ostbahnhof unterwegs ist, berichtete der SZ, er habe immer wieder beobachtet, dass sich bei relativ hoher Geschwindigkeit und an einer bestimmten Stelle die Türen leicht öffneten, "etwa ein bis zwei Zentimeter, vielleicht wegen bestimmter Druckverhältnisse". Er habe auch den Zugführer darauf aufmerksam gemacht. Der habe der Beobachtung aber keine große Bedeutung beigemessen.

Selbst wenn dies alles so zutreffe, heißt es bei den Münchner Stadtwerken, erkläre es den Unfallhergang nicht. Die Sicherheitssysteme der Türen seien bei ein bis zwei Zentimetern Spielraum nicht beeinträchtigt. Durch einen Spalt von dieser Größe könne man aber nicht aus dem Zug stürzen. Die Türen seien während der Fahrt nicht nur verriegelt, sondern auch mit Druckluft gegen ein Öffnen gesichert.

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