Tipps für Feinschmecker:Das Geheimnis liegt unter der Schwarte

Tipps für Feinschmecker: Edle Fische sind im Frische-Paradies von Marco Raase (links) zu kaufen. Gabriel Arendt fertigt daraus mit Kursteilnehmern ein Menu.

Edle Fische sind im Frische-Paradies von Marco Raase (links) zu kaufen. Gabriel Arendt fertigt daraus mit Kursteilnehmern ein Menu.

(Foto: Allessandra Schellnegger)

Im Schlachthofviertel bietet Gabriel Arndt Kochkurse für Genießer an, die sich für jedes Detail ihrer edlen Zutaten interessieren

Von Michael Morosow

Der Küchenquickie dauert satte zwei Stunden, wer mitmachen will, muss 29 Euro bezahlen. Das tun viele gerne, zumal wenn das Tagesthema "Schweinerei" lautet. Wer nun freilich denkt, dass an den Küchenfenstern rote Laternen leuchten, der irrt. "Küchenquickie - der Name bleibt hängen", sagt Gabriel Arendt, der Jäger und Angler, vor allem aber leidenschaftlicher Koch ist. Der 39 Jahre alte gebürtige Sendlinger hatte es vor zwei Jahren bis ins Finale von "The Taste" geschafft, einer Koch-Casting-Show des Fernsehsenders Sat 1, und wagte daraufhin den Sprung in die Selbstständigkeit.

Jetzt sitzt er gemeinsam mit Betriebsleiter Marco Raase im Bistro-Bereich des Frische-Paradies an der Zenettistraße im Münchner Schlachthofviertel an einem Tisch. Seit gut einem Jahr zählt Arendt zum festen Stamm der Experten, die in dem Einkaufsmarkt für gehobene Ansprüche Genießer-Seminare geben und den Teilnehmern ihr profundes Wissen über Nahrungsmittel wie Fisch, Gemüse, Fleisch, Kräuter und auch Weine vermitteln. "Das sind keine klassischen Kochkurse, hier konzentriert man sich auf die Kernprodukte", sagt Betriebsleiter Raase. "Ich bringe den Kunden die Produkte nahe und nehme ihnen die Angst vor der Zubereitung", ergänzt Referent Arendt.

Mit den Teilnehmern des Küchenquickies "Schweinerei" etwa wird der "Live-Event-Koch", wie er sich auf seiner Homepage nennt, also keinen gewöhnlichen Schweinsbraten mit Soße, Semmelknödel und Krautsalat auf den Tisch zaubern, sondern ihnen nach dem Motto: "Sau ist nicht gleich Sau" Details zu Herkunft, Qualität und unterschiedlichen Möglichkeiten exquisiter Zubereitung übermitteln. Ein Schwein aus Massentierhaltung scheidet selbstredend aus - im Frische-Paradies soll schließlich alles gehobene Ansprüche erfüllen. Fleisch vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, von der Duroc-oder aber von der Iberico-Sau wird zum Brutzeln verwendet, aber erst nachdem Arendt sich ausführlich über Aufzucht, Weidegründe, Maserung und Brateigenschaft der jeweiligen Sorte ausgelassen hat. Wie ein Wein-Sommelier stellt er die ganz unterschiedlichen Produkte vor.

Und dann gibt es noch ein Geheimnis, das die Iberico-Sau unter ihrer Schwarte trägt und von dem passionierten Koch gelüftet wird: das Secreto o Cruceta, kurz Secreto genannt, ein Stück Muskelfleisch unter dem Rippenbogen. Am besten schmeckt es naturell gebraten, verziert lediglich mit ein paar groben Meersalzkristallen. Bei seinem jüngsten "Schweine-Quickie" hätten lediglich zwei Teilnehmer das Secreto gekannt, berichtet Arendt. "Das Fleisch ist mit feinen Fettadern durchzogen, es wird nur kurz gebraten, und es schmeckt. . ." - der 39-Jährige muss nicht weiterreden, sein Gesichtsausdruck sagt alles, und sein Kahlkopf, der auf breiten, muskulösen Schultern sitzt, lässt ohnehin viel Platz für ein breites Lächeln.

Arendts Genießer-Seminare finden an Donnerstagen statt, das nächste am 10. September, Titel: "Küchenquickie - Unbekanntes vom Rind". Als hätte er die Kuh persönlich gekannt und täglich massiert, nimmt Gabriel Arendt ein eingeschweißtes Stück Rinderfilet, ein Wagyu-Roastbeef für 99,90 Euro das Kilogramm, aus der Kühlung und erklärt dem Reporter unter anderem die unterschiedlichen Maserungen von Fleisch, und von Maserungen hat er wirklich Ahnung. Arendt ist gelernter Holztechniker. Bavette, Strip Loin und andere Exoten gehören zu den Unbekannten, die Arndt in seinem nächsten Rinder-Abend vorstellen will.

Bei den Koch-Seminaren hat es der Münchner nur selten mit blutigen Anfängern zu tun, die freilich auch willkommen wären. "Die meisten melden sich an, wenn sie am Thema Interesse haben", sagt er. "Es sind sogar viele ambitionierte Köche dabei, die Wissen mitbringen", ergänzt sein Kompagnon Marco Raase.

Sind manchmal auch Teilnehmer darunter, die alles besser wissen? Wie bei allen Seminaren, sagt der Betriebsleiter. Im Frische-Paradies im Schlachthofviertel haben sich die Genießer-Seminare offenbar bewährt. Die "Hummer-Nummer" ("Es knackt und spritzt") am 7. und 8. Oktober ist bereits heute ausverkauft. Auch Fischfiletierkurse können gebucht werden, oder Veranstaltungen zu Themen wie Algen und Tang (19. November), oder Austern und Champagner (3. Dezember). "Die Runden werden schnell locker", sagt Arendt, der als seine Spezialität angibt: "Alles aus dem Wasser und Wild und alles, was frisch und lecker ist". Und selbstverständlich ein Schwein, so wie es sein soll. Vom Iberico-Schwein, so Betriebsleiter Raase, könne man sogar das Fett essen. "Das Fett ist sogar das Beste", wirft der Koch ein. "Es hat Biss und Geschmack. Und der Schweinebraten schmeckt nicht ordinär nach Schwein, ist herrlich durchwachsen, schön marmoriert", beendet Gabriel Arendt diese "schweinische" Unterhaltung. Ein Küchenquickie, so scheint es, hat doch irgendwie mit Leidenschaft zu tun.

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