Tina Turner in München:Ganz die Alte

Lesezeit: 2 min

Löwenmähne, Stöckelschuhe und Wahnsinnsstimme: Die fast 70-jährige Tina Turner betört die Fans in der Münchner Olympiahalle.

Lisa Sonnabend

Warum ist eigentlich niemand auf die Idee gekommen, sich im Fasching als Tina Turner zu verkleiden? Auf dem Weg zum Konzert der Soul- und Rockikone in der Olympiahalle begegnet man am Rosenmontag einer Amy Winehouse, einem Alice Cooper und zwei Personen mit kleiner Gitarre und Afroperücke. Doch mit Löwenmähne und knallrotem Lippenstift ist niemand zu sehen, niemand trägt ein glitzernd-funkelndes Oberteil, eng anliegende Caprihosen und High Heels - so wie Tina Turner wenig später auf der Bühne.

Löwenmähne, Caprihose, Lippenstift: Tina Turner begeisterte auf dem Konzert in der Olympiahalle. (Foto: Foto: AP)

Eigentlich wollte die Rock-Diva auf ihrer Europatournee nur einmal in der Münchner Olympiahalle spielen, nun sind es vier Abende geworden. Alle restlos ausverkauft. Diejenigen, die ein Ticket bekommen haben, dürfen sich glücklich schätzen. Denn das erste der vier Konzerte beginnt bombastisch. Tina Turner, die in diesem Jahr 70 Jahre alt wird, singt, röhrt und tanzt, als stände sie am Beginn ihrer Karriere.

Der Vorhang öffnet sich, Tina Turner steht in engen Caprihosen und Stöckelschuhen auf einer erhöhten Plattform, zu "Steamy Windows" wird sie langsam auf die Bühne zurückgefahren, auf Augenhöhe mit den Zuschauern. Die Olympiahalle ist komplett bestuhlt, doch nach wenigen Sekunden hält die Fans nichts mehr auf den Sitzen, nach nur zehn Minuten gibt es das erste Mal Standing Ovations.

Fünf Jahre ist es her, als Tina Turner ihr bislang letztes Album herausbrachte, eine Best-of-Compilation. Die Show in der Olympiahalle überzeugt aber auch ohne neue Songs. Die Zuschauer wollen am Mythos Tina Turner teilhaben.

Tina Turner sagt zu Beginn, sie möchte auf die Kapitel ihrer Musikkarriere zurückblicken. Das sind die Zeiten, als sie mit ihrem Ex-Mann Ike Turner die Soulmusik prägte, das sind die Zeiten, als sie sich von ihrem gewalttätigen Mann trennte und nur zögernd in die Musik zurückfand, und das sind die Zeiten, als ihre Musik immer rockiger wurde und Songs wie "Simply the Best" oder "We Don't Need Another Hero" Generationen von Musikern beeinflussten.

Allein die physische Leistung der 69-Jährigen ist beeindruckend. Zwar ist Tina Turner nach den rockigeren Liedern atemlos und zwischendurch gibt es gar eine Pause von 30 Minuten, aber sie schwingt die Hüften im Takt mit den Tänzerinnen, tippelt in für sie typischen breitbeinigen Schritten über die Bühne und wirbelt im Kreis.

Von den Zuschauern erntet sie immer noch anerkennende Pfiffe, wenn sie im goldenen Mini-Paillettenkleid die Beine übereinander schlägt. Bei "Private Dancer" umgarnt sie die männlichen Bandmitglieder. Und bei "What's love got to do with it" fordert sie zuerst die Frauen im Publikum auf, mit ihr aus vollem Halse mitzusingen und anschließend die Männer. "Super!" - Tina Turner lobt die Frauen, für die Männer hat sie nur ein "It was okay" übrig.

Über der Show thront immer Tina Turners Stimme, die wummert, dröhnt, vibriert. Die Sängerin kreischt, röhrt und säuselt. Immer ist sie mit Leidenschaft dabei.

Und am Ende hat man auch die Erklärung dafür, warum sich kein Faschingsgänger als Tina Turner verkleidet hat: Es gibt niemanden, der ihr auch nur ansatzweise ebenbürtig ist.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: