Tierdrama in Hellabrunn:Auf Leben und Tod

Lola, der herzkranke Elefant, beschäftigt Medien, Mediziner, Politiker und das breite Publikum. Womöglich wagt das Ärzteteam den schwierigen Eingriff bereits am Wochenende. Warum der Tierpark Hellabrunn immer für öffentliche Dramen gut ist.

Christian Mayer und Katja Riedel

Diese Nachricht bewegt nicht nur München: Fernsehteams, Blogger, Politiker, Tierschützer und besorgte Zoobesucher - sie alle bangen um das Leben von Lola. Aus ganz Deutschland haben sie im Tierpark Hellabrunn angerufen, sogar aus London kamen Journalistenanfragen - nichts ist mehr wie es war, seit das Elefantenbaby lebensgefährlich erkrankt ist und sich Zoodirektor Andreas Knieriem zu einer Notoperation entschlossen hat.

Elefantendrama im Münchner Zoo - Lola hat Herzfehler

Elefantendrama im Münchner Zoo: Lola, hier auf einem Foto aus dem November, hat einen Herzfehler.

(Foto: dpa)

Bereits am Wochenende könnte ein Ärzteteam aus Human- und Veterinärmedizinern den weltweit einmaligen Eingriff wagen; am Freitag lieferte die Feuerwehr die dringend benötigte Herz-Lungen-Maschine, wie Tierpark-Sprecherin Christiane Reiss bestätigte.

Den ganzen Freitagnachmittag über berieten die Ärzte über den gemeinsamen Einsatz - wie berichtet soll Christoph Schmitz, Kinderherzchirurg am Klinikum Großhadern, die Operation leiten.

Ganz besonders leidet offenbar die Münchner CSU mit Lola. Die Stadtratsfraktion veröffentlichte am Freitag einen Aufruf: Parteimitglieder, "aber auch alle Münchnerinnen und Münchner" sollen für die Operation spenden, die nach Schätzungen "zwischen 10.000 und 20.000 Euro" kosten könnte.

Christine Strobl, als zweite Bürgermeisterin zugleich Aufsichtsratschefin der Tierpark AG, wiegelt ab: "Wir werden die Operation aus dem Etat des Zoos finanzieren - auch wenn es nicht ganz billig ist. Schließlich sind die jungen Elefanten Ludwig und Lola die absoluten Publikumslieblinge. Deshalb hat der Tierpark unsere ganze Unterstützung bei der Rettungsaktion."

Lola ist nicht das erste kleine Schwergewicht aus Hellabrunn, das eine Welle des Mitgefühls erzeugt. Vor allem der plötzliche Tod Jamuna Tonis löste im Juni 2010 große Trauer unter den Tierparkbesuchern aus, begleitet von heftigen Beileidsbekundungen am Boulevard - schließlich war der öffentliche Jubel über den neugeborenen Elefanten, den ersten seit 66 Jahren im Tierpark Hellabrunn, gewaltig gewesen.

Trauriges Ende im Zoo

Die Obduktion im Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung ergab, dass Jamuna Toni an einer seltenen Stoffwechselerkrankung litt, die ihre Knochen brechen ließ. Der Zoo hatte eigens Pferdespezialisten hinzugezogen, die das Jungtier in Tragegurte hängten, um seine Beine zu entlasten. Vergeblich, Jamuna musste zum Entsetzen der Öffentlichkeit eingeschläfert werden.

Ärzteteam für Elefgantenbaby 'Lola'

Hilfe für den Babyelefanten: Dieses Ärzteteam soll "Lola" operieren.

(Foto: dpa)

Offenbar ist die Elefantenkuh Panang vom Pech verfolgt - sie ist auch die Mutter der herzkranken Lola. Auch bei den Affen spielten sich in der jüngeren Vergangenheit wahre Dramen ab. Schimpanse Franzl, der seinem Freund, dem damaligen Zoodirektor Henning Wiesner, morgens die Fingernägel reinigte, fand im Herbst 2007 ein trauriges Ende. Franzl setzte zu einem 6,80 Meter weiten Sprung an, in den Wassergraben seines Geheges. Dort fand man ihn tot.

Die Obduktion ergab, dass sich weder in Franzls Magen noch Lunge Wasser befand, er also nicht ertrunken sein konnte. War vielleicht ein zu tiefer Graben für den frühen Tod des Schimpansen-Chefs verantwortlich? Über diese Frage wurde in München heftig spekuliert. Auf Franzls Brust fand man ein dreißig Zentimeter großes Hämatom, das womöglich von einer Rangelei stammte. "Neuronaler Schock", vermuteten die Veterinäre deshalb als Todesursache.

Dramatische Szenen nur wenige Monate später, im Februar 2008: Seit einem halben Jahr bewohnten die Orang-Utans ein neues, als besonders artgerecht geltendes Gehege, in dem sie klettern können. Das machte die einjährige Anni auch: Sie stieg durch einen Spalt auf die Oberseite eines horizontal gespannten Netzes - und fand nicht wieder hinunter. Vater Bruno, das Alphatier, wollte seiner Tochter helfen, sie durch die Maschen hindurch ziehen. Dabei brach Bruno Anni das Genick.

Auch ein anderes Tier wollte seinem Gefährten wohl etwas Gutes tun, als er ihn tötete. Zwölf Jahre lang hatten die Wolfsbrüder Lobo und Letho friedlich zusammengelebt, dann biss Lobo den Bruder Anfang 2006 tot. "Der Vorfall riecht, menschlich gesprochen, nach aktiver Sterbehilfe", analysierte der Zoodirektor. Letho litt an einer tödlichen Krankheit.

"Nun ruhe wohl, Fürst von Hellabrunn", so verabschiedete sich 2005 eine Psychologin von ihrem Lieblingstier - in einer ganz besonderen Traueranzeige. Den Abgesang auf Silberrücken Porgy ließ sich die Tierfreundin 600 Euro kosten. Für ihn habe sie sogar die Körpersprache der Gorillas erlernt. Den Abschiedsgruß per Annonce empfand die Psychologin als "angemessen", teilte sie der Presse mit.

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