Theater:Amerikanische Zustände

Theater: Foto: Karina Garosa

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Die Studiobühne der Theaterwissenschaft spielt "Short Eyes"

Von Stefanie Schwetz

Au - Die Zerrissenheit der US-amerikanischen Gesellschaft zeigt sich nicht nur an der jüngsten Präsidentenwahl. Sie offenbart sich zuallererst im Leben der Bürger: in der Stadt und auf dem Land, in der Schule und an den Universitäten, bei der Arbeit und manchmal auch zu Hause. Und sie äußert sich auch in Mikrokosmen wie den Gefängnissen des Landes. Jene Welt hinter Mauern beleuchtet das englischsprachige Schauspiel "Short Eyes", das an diesem Freitag, Samstag und Sonntag, 18., 19. und 20. November, jeweils von 20 Uhr an vom Ensemble der Studiobühne der Theaterwissenschaft der LMU im Theater Hoch X, Entenbachstraße 37, aufgeführt wird. Inszeniert hat das Stück die in Detroit geborene, farbige Regisseurin, Schauspielerin und Sängerin Azeret Koua, die derzeit in München Theaterwissenschaft studiert. Die Handlung: In einem New Yorker Gefängnis fristen junge Männer verschiedener Ethnien ein Leben ohne Zukunft. Kämpfend, singend, Sprüche klopfend und dichtend manifestiert hier jeder seine ganz persönliche Identität - für sich und vor der Gruppe. Unter diesen Bedingungen tritt der mutmaßliche weiße Kinderschänder Clark Davis - in der Sprache der Insassen short eyes genannt - seine Haftstrafe an und gerät in ein bedrohliches Netzwerk aus Hass, Ehre und Vergeltung.

Der 1946 geborene, aus Puerto Rico stammende New Yorker Schauspieler und Autor Miguel Piñero schrieb "Short Eyes" im Jahr 1977 basierend auf seinen eigenen Knast-Erfahrungen. Zerrissen zwischen seiner Herkunft und dem aufreibenden New Yorker Lebensstil galt der 1988 jung gestorbene Lyriker und Dramatiker als Poet der Straße. Er liebte Männer, Frauen und Drogen, führte ein Leben zwischen Kunst und Kriminalität, zwischen "Inspiration und Inhalation", wie er es selbst nannte. Mit "Short Eyes" richtet Piñero den Blick auf die sozialen, moralischen und hierarchischen Zustände hinter Gittern. Wie eine aufs Wesentliche konzentrierte Versuchsanordnung der Wirklichkeit kommt dieses Stück daher. Insofern spiegelt "Short Eyes" nicht nur den US-amerikanischen Ist-Zustand, sondern eine gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungslinie von den Siebzigerjahren bis in die Jetzt-Zeit. Näheres zur Aufführung unter www.theater-hochx.de und der Seite www.shorteyes.net

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