Wohnen in München:Ärmere Mieter müssen den Gärtner der reichen Nachbarn mitzahlen

Wohnen in München: Der Luxus der Wohnungen in den Lenbachgärten wird von weniger gut Verdienenden mitfinanziert.

Der Luxus der Wohnungen in den Lenbachgärten wird von weniger gut Verdienenden mitfinanziert.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Am Alten Botanischen Garten zahlen Mieter der Wohnungen für niedrigere Einkommen die Nebenkosten der teuren Apartments mit.
  • Deshalb diskutiert der Stadtrat, inwieweit an der Regelung zur sozialgerechten Wohnungsnutzung festgehalten werden soll.
  • Diese soll dafür sorgen, dass Investoren in verschiedenen Preisklassen bauen, damit die soziale Mischung in den Vierteln gefördert wird.

Von Dominik Hutter

Soll die Stadt eine soziale Mischung in den Vierteln erzwingen? Oder auch mal tolerieren, dass sich die Reichen abschotten und Ärmere in andere Quartiere verdrängt werden? Die Rathausfraktionen von CSU und SPD sind uneins, wie es weitergehen soll mit der sozialgerechten Bodennutzung, die Investoren als Gegenleistung fürs Baurecht einen festen Anteil an Sozialwohnungen abverlangt.

CSU-Fraktionschef Hans Podiuk findet, dass man dieses Prinzip nicht mit aller Macht durchsetzen sollte, wenn es erkennbar negative Folgen hat. "Vielleicht ist es besser, Geld zu verlangen und dann woanders geförderte Wohnungen zu bauen." SPD-Planungssprecher Christian Amlong widerspricht vehement: "Es wäre völlig falsch, die Mischung aufzugeben und Ghettoquartiere zu schaffen." Es gehe um das Klima in der Stadtgesellschaft.

Auslöser der Debatte ist eine Wohnsiedlung, die nach Meinung vieler Kommunalpolitiker nicht eben zu den sozialen Ruhmestaten des Freistaats Bayern gehört: die luxuriösen Lenbachgärten, die auf früherem Universitätsgelände am Alten Botanischen Garten errichtet wurden. 158 Wohnungen gibt es dort, die meisten sehr hochpreisig. Dank der sozialgerechten Bodennutzung musste der Bauherr aber an der Karlstraße 30 Apartments für die einkommensorientierte Förderung EOF (vulgo Sozialwohnungen) und 21 Wohnungen nach dem München-Modell schaffen (niedriges Einkommen, aber zu hoch für EOF).

Die Mieter der EOF-Wohnungen müssen in den Lenbachgärten dennoch mehr zahlen als üblich - sie finanzieren über die Nebenkosten den Luxus ihrer zumeist abwesenden Nachbarn mit: den Gärtner etwa oder den Sicherheitsdienst. Was die Nebenkosten mal eben verdoppelt: von drei auf sechs Euro pro Quadratmeter. Das sind immerhin 60 Prozent der Kaltmiete, die bei zehn Euro pro Quadratmeter liegt.

Einige Mieter, so bestätigt das Sozialreferat, zahlen ihre Nebenkosten daher nicht mehr oder nur noch teilweise. Weshalb die neue Referentin Dorothee Schiwy es für "dringend nötig hält, dass hier schnellstmöglich eine Lösung gefunden wird". Derzeit werde geprüft, ob ein kleiner Teil der Wohnungen zu Werkswohnungen für städtische Mitarbeiter werden könnte, also für Mieter mit einem höheren Einkommen. Dazu allerdings liege noch kein Ergebnis vor. Zwar benötige die Stadt dringend geförderten Wohnungsbau. Aktuell seien 12 800 Haushalte vorgemerkt, 8500 davon mit höchster Dringlichkeit. Dennoch benötige die Stadt auch Wohnraum für ihre eigenen Angestellten.

CSU-Fraktionschef Podiuk hat Zweifel, dass eine Vermietung an eine solventere Klientel der Sinn der sozialgerechten Bodennutzung ist. Eine ähnliche Situation sei möglicherweise an der Alten Akademie in der Fußgängerzone zu erwarten. "Übertreibt man da nicht?" Die Stadt sei besser beraten, in solchen Fällen von der reinen Lehre abzuweichen und mit dem sozialen Pflichtanteil an andere Adressen auszuweichen.

Amlong hält dies für die falsche Schlussfolgerung. Leider seien die Nebenkosten nicht gedeckelt, "da hat schlichtweg niemand diesen Fall bedacht". Der SPD-Planungsexperte findet, dass schlicht diejenigen den Luxus bezahlen sollen, die ihn auch in Anspruch nehmen - also die betuchtere Klientel. Möglicherweise sei dies durch spezielle Vereinbarungen möglich.

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