Test: Wie kinderfreundlich ist München?:Mit Baby durch die Stadt

Süß, die Kleine - aber wird sie auch gerne gesehen? Wir haben getestet, wie kinderfreundlich die Stadt München und ihre Einwohner sind.

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Wie kinderfreundlich ist München?

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Süß, die Kleine - aber wird sie auch gerne gesehen? Wir haben getestet, wie kinderfreundlich die Stadt München und ihre Einwohner sind.

Die beiden München-Testerinnen: Heather Böhringer, 28 Jahre, und Silvia Böhringer, neun Monate alt. Wir haben das Duo zum Arzt, beim Behördenbesuch, beim Bummeln und ins Café begleitet: Sind die Münchner hilfsbereit? Wie beschwerlich ist es, mit Kinderwagen durch die Stadt zu fahren? Und wenn das Baby Hunger, Durst oder eine volle Windel hat - was tun? Das Ergebnis des Tests war ganz erstaunlich.

Aber von vorne ...

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Manche Menschen leihen sich angeblich fremde Kinder aus, um hier schneller wieder rauszukommen: Wir testen das Münchner Kreisverwaltungsreferat. Wer schwanger ist oder ein Kind dabei hat, darf drängeln, ganz offiziell.

Allerdings braucht man dazu auch Mut: Wer sich vorne anstellen möchte, muss den Wartemarken-Automaten ignorieren, an den Wartenden vorbei gehen, an der Tür des Bearbeiters klopfen und um Einlass bitten. "Ich hab das schon zwei oder drei Mal gemacht, weil ich wusste: Ich darf das. Es hat sich auch nie jemand beklagt", sagt Heather.

Heute haben wir Glück: Bei der Ausländerbehörde muss die Amerikanerin heute eh nicht warten - es gibt hier im Moment keine Schlange. Die kleine Silvia ...

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... wird im Büro des Sachbearbeiters vor dem Aktenregal geparkt und wartet geduldig. Ganz im Gegensatz zum Mitarbeiter des KVR: "Ich hab Mittagspause", sagt er warnend, weil es schon zwei nach zwölf ist. Dann gibt er aber doch noch die benötigte Auskunft.

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Sesam, öffne dich: Im Kreisverwaltungsreferat reicht ein Knopfdruck - man muss niemanden darum bitten, die Tür aufzuhalten. Sehr praktisch für Kinderwagenfahrer.

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Da kann unser zweiter Testkandidat nicht mithalten: Im Kundencenter der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) muss man die Tür selbst aufmachen und den Kinderwagen hinterher zerren. Wickelgelegenheit? Fehlanzeige.

Heather bleibt trotzdem gut gelaunt, weil die Dame am Schalter so freundlich ist. Und weil es ihr fürchterlich leid tut, dass sie keinen Platz zum Windeln wechseln anbieten kann.

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MVG-Test, zweiter Teil: Die U-Bahn. Zwar gibt es an jeder Haltestelle einen Aufzug, aber den muss man erst einmal finden. "Außerdem sind die Aufzüge langsam und oft voll", findet Heather. Sie nimmt deshalb lieber die Rolltreppe. Da kann es allerdings passieren ...

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... dass man sehr lange warten muss, bis die Rolltreppe in die richtige Richtung fährt. Es sei denn, es geht einem wie Heather an diesem Tag: Sie und der knallrote Kinderwagen werden nach ein paar Sekunden von einem jungen Mann in braunem Kaschmirpullover entdeckt. Der macht auf dem Absatz kehrt und sorgt dafür, dass die Rolltreppe die Richtung wechselt. Heldenhaft!

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Mittagspause. Für die Mama gibt es Gemüse-Quiche, für die Kleine soll es ein leckeres Milchshake werden - dazu benötigt Heather allerdings heißes Wasser. Kein Problem - das gehört in der "Speisekammer", unserem kleinen Test-Restaurant, zum Service. Der Wirt fängt außerdem sofort an, von seiner 20 Monate alten Enkeltochter zu schwärmen und zeigt uns ihre kleinen Handabdrücke auf der Fensterfront.

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Silvia ist zufrieden - und macht einen Mittagsschlaf. Die anderen Gäste quetschen sich ohne zu klagen durch den Spalt zwischen Kinderwagen, Tür und Getränkeschrank.

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Nächster Testkandidat: Die Agentur für Arbeit. Wir sind immer noch auf der Suche nach einem Wickelplatz. Hier vielleicht?

Angelika Papst, die Bauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, zuckt angesichts unserer Bitte ein bisschen zusammen: "Oh, ich glaube, der Wickelraum wurde zum Raucherzimmer umfunktioniert", sagt sie.

Wir bekommen von den Agentur-Mitarbeitern dann aber kreative Alternativ-Vorschläge, sie bieten uns zum Beispiel an, einen Tisch ins Behinderten-WC zu tragen. So viel Aufwand ist aber nicht nötig ...

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... Silvia ist auch mit dem Fußboden als Wickelgelegenheit zufrieden. Die Sache mit dem umfunktionierten Wickelraum hat im Übrigen einen guten Grund: Mangelnde Frequentierung. "Er wurde einfach nicht benutzt", entschuldigt sich Angelika Papst. Ebenso ...

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... das Schaukelpferd im Warteraum: "Das verstaubt schon fast." Fast alle Frauen kämen heute ohne Kinder zur Beratung, sagt Angelika Papst: "Das war früher nicht so, aber heute gibt es bessere Betreuungsangebote und die Frauen sind flexibler geworden."

"Ich pass auf deine auf, du passt auf meine auf!" Die Generation von Arbeitswilligen, die sich heute von Angelika Papst beraten lässt, ist ihrer Ansicht nach durch Universität und Erfahrungen in der Arbeitswelt an Netzwerke gewöhnt. Deshalb kontakten sich die jungen Eltern nun eben auf dem Spielplatz und wechseln sich im Babysitting oft ab, sagt Papst.

Vom Stress, den Eltern haben, wenn sie auf dem Spielplatz keine verlässlichen Babysitter finden, von zu wenig Krippenplätzen und fehlender Nachmittagsbetreuung im Kindergarten bekommt Angelika Papst in ihrem Arbeitsalltag kaum etwas mit.

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Auf dem Weg in die Innenstadt müssen wir uns öfters durchdrängeln. Wir schlängeln uns ...

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... an Touristen vorbei, die einem roten Kinderwagen im Moment nur wenig Aufmerksamkeit zukommen lassen.

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Nächster Stopp: Ein Café. Ob hier mehr Mütter und Väter mit ihren Kindern vorbei kommen, seit das Rauchen verboten ist? Nö, meint die Kellnerin. Aber auch nicht weniger.

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Nächster Testkandidat: Eine Frauenarztpraxis. Der Kinderwagen muss draußen bleiben - das wirkt erst einmal nicht besonders zuvorkommend. Der erste Eindruck muss aber nicht immer richtig sein. In dieser Praxis ...

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... sind die Kleinen nämlich sehr willkommen, für Buggys gibt es einfach nicht genügend Platz.

"Oh, ist die groß geworden! Und so blaue Augen!" sagt die Dame am Empfang. Kinder dürfen hier mit ins Behandlungszimmer. "Manchmal bleiben sie aber auch bei uns", sagt die Sprechstundenhilfe.

Ein kleiner Raum ist mit Wickeltisch und extra Waschbecken ausgestattet, im Wartezimmer gibt es Holzspielzeug, Bilderbücher und Modellautos.

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Trotz der vielen schönen Spielsachen wird die neun Monate alte Silvia irgendwann ungeduldig - fast eine Stunde müssen wir warten.

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Mit der Trambahn fahren wir zurück in die Innenstadt. Der Kinderwagenplatz ist schon besetzt, deshalb stellen wir den Buggy vor dem Fahrkartenautomaten ab.

Als eine ältere Dame sich über den Buggy beugt, um eine Fahrkarte zu lösen, bremst die Tram - die Dame samt Kinderwagen fallen um. Aber außer einem gehörigen Schreck hat der Sturz für beide keine schlimmen Folgen. Einige Fahrgäste helfen der gestürzten Frau auf, das kleine Mädchen erholt sich auf Mamas Arm und wir finden: Tram und Kinderwagen, das ist keine gute Kombination.

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Der nächste Test auf Kinderfreundlichkeit: Shoppen mit Baby - geht das gut?

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Ja, solange die Kleine keinen Hunger hat - kein Problem. In unserem Test-Kaufhaus gibt es genügend Platz, um den Kinderwagen zu parken und man kommt problemlos von einem Stockwerk ins andere. In anderen Kaufhäusern ist das nicht so einfach ...

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... häufig ist es verboten, mit dem Kinderwagen die Rolltreppe zu benutzen. Heather hat sich gelegentlich über das Verbot hinweggesetzt, "und bis jetzt hat noch nie jemand was gesagt."

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Fazit: Manchmal dauert's etwas länger, wenn man mit Kind und Kinderwagen durch die Stadt will. Aber: In München haben wir sehr viele nette, hilfsbereite Menschen getroffen. Manchmal, erzählt Heather, wird ihr sogar vor der Haustür Hilfe angeboten - dabei gibt es da nur eine einzige Stufe.

München, die Singlestadt? Vielleicht ja, aber an unserem Testtag waren die Münchner überall sehr freundlich und zuvorkommend gegenüber Silvia und ihrer Mama.

(Text und Bilder: Sarina Märschel, sueddeutsche.de/bgr)

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