Technische Universität:Zellen verstehen

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TU-Präsident Wolfgang Herrmann bei der Grundsteinlegung für das CPA (Center for Functional Protein Assemblies) auf dem TU-Campus. (Foto: Catherina Hess)

In Garching entsteht ein neues interdisziplinäres Proteinforschungszentrum

Von Gudrun Passarge

Heute schon können Forscher die etwa 50 000 Bestandteile einer menschlichen Zelle auflisten, aber wie die Einzelteile zusammenfinden und funktionieren, da gibt es noch Klärungsbedarf. Hier setzt das Proteinforschungszentrum an, das in Garching auf dem TU-Campus entsteht. Bei der Grundsteinlegung für das CPA (Center for Functional Protein Assemblies) betonte sein künftiger Direktor Andreas Bausch die Bedeutung dieses interdisziplinären Projekts. Können die Forscher die Zusammenhänge aufschlüsseln, "ergeben sich viele Therapieansätze", sagte Bausch, der die Arbeitsgruppe Zellbiophysik leitet.

Proteine sind maßgeblich am Funktionieren der Prozesse in der Zelle beteiligt. Jede Sekunde stellt ein Mensch Billiarden Proteine her. Im Unterschied jedoch zu einer Maschine funktioniere die Biologie ganz anders, sagte Bausch. Ein Auto etwa werde aus Teilen nach einem Bauplan zusammengebaut, in der Biologie dagegen stelle sich die Frage, "ob es einen kompletten und verstehbaren Plan überhaupt gibt". Zellen hätten zudem die Fähigkeit, sich selbst zu reparieren, während Autos bestenfalls telefonieren könnten, wenn sie liegen bleiben. Genau diese physikalischen und biochemischen Prozesse, die zur Selbstorganisation der Zelle gehören, wollen die Wissenschaftler im CPA untersuchen und sich die Ergebnisse nutzbar machen. Bausch nannte als Beispiel die Forschung der Arbeitsgruppe seines Co-Direktors Stephan Sieber, einem Chemiker. Siebers Gruppe versucht, Proteine gezielt zu stören, damit sie keine Toxine produzieren können. Damit würde wiederum die Wirkung von Bakterien gestört, ganz ohne Antibiotikum. Ein anderes Forschungsbeispiel ist die Untersuchung, wie Implantate, Pflaster oder Kontaktlinsen beschichtet werden können, um Reibungskräfte zu minimieren und Infektionen zu verhindern.

Bausch betonte, das neue Proteinforschungszentrum werde die Ansätze von Physik, Chemie und Maschinenwesen zusammenführen, auch die Zusammenarbeit mit Medizinern sei wichtig. Allen Wissenschaftlern soll im CPA eine zentrale Technologieplattform zur Verfügung gestellt werden. Die Funktion des Gebäudes entspreche auch seiner Lage, sagte Bausch. Das 40 Millionen teure Haus, je zur Hälfte von Land und Bund finanziert, steht genau in der Mitte. Auf der einen Seite befindet sich das neue Bayerische Kernresonanzzentrum, in dem die dreidimensionale Struktur der Proteine untersucht wird. Auf der anderen Seite sitzen Forscher der Munich School of Bioengineering, die daran arbeiten, die Grundlagen in konkreten Anwendungen umzusetzen. Doch bis die etwa 200 Mitarbeiter in ihr neues Haus einziehen können, wird es noch ein wenig dauern. TU-Präsident Wolfgang Herrmann forderte bei der Grundsteinlegung, "die Eröffnung des Gebäudes hat definitiv noch in meiner Amtszeit, also 2019, zu erfolgen".

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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