Technische Universität:Vier Männer mit umstrittener Biografie

Drei der bereits verstorbenen Männer haben einen Ehrendoktor, einer ist Ehrensenator. Nun prüft die Hochschule, ob sie diese Titel wieder aberkennt.

Von Jakob Wetzel

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Ernst Udet

Ernst Udet, 1934

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

Ernst Udet erhielt 1938 einen Ehrendoktor der Fakultät für Maschinenwesen. Als "Fliegerheld" aus dem Ersten Weltkrieg und als Luftakrobat war er eine schillernde Figur; im Jahr 1954 stand er posthum Pate für den Film "Des Teufels General" mit Curd Jürgens. Von 1933 an ließ er zu, dass sich die Nazis seine Popularität zunutze machten: Sein einstiger Kriegskamerad Hermann Göring führte ihn in die NSDAP. Im Nazi-Regime war er zuständig für die Entwicklung und die Produktion von Jagdflugzeugen und Bombern. Nach der gescheiterten Luftschlacht über Großbritannien erschoss sich Udet 1941 selbst. Wissenschaftliche Verdienste erwarb er nicht; die Technische Hochschule würdigte ihn 1938 gleichwohl wegen "seiner großen Verdienste um den Aufbau der deutschen Luftwaffentechnik und deren Einsatz im Kriege", womit wohl der Einsatz deutscher Kriegsflugzeuge im Spanischen Bürgerkrieg gemeint war, sowie wegen seiner "besonderen Verdienste um den Aufbau der Luftfahrtforschung in Großdeutschland".

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Emil Zenetti

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Quelle: oh

Den Flakartillerie-General Emil Zenetti ehrte die Technische Hochschule mitten im Zweiten Weltkrieg. Der Mann war kommandierender General und Befehlshaber im Luftgau VII, der sich von Salzburg über Südbayern und Tirol bis Baden-Württemberg erstreckte. Das Amt war nicht nur verantwortlich für die Luftabwehr, es organisierte auch die Entschärfung von Blindgängern. Zu der oft tödlichen Arbeit in sogenannten Bombensuchkommandos wurden Gefangene aus Konzentrationslagern herangezogen; anfangs warb man mit falschen Versprechungen um Freiwillige, später wurden Häftlinge gezwungen. Zenetti, der nicht mit dem Baumeister Arnold Zenetti zu verwechseln ist, nach dem in der Isarvorstadt eine Straße benannt ist, war schon im Ersten Weltkrieg bei der Artillerie gewesen. 1919 hatte er sich als Kommandeur der "Freiwilligenbatterie Zenetti" an Massakern an Anhängern der Münchner Räterepublik beteiligt. Die Technische Hochschule ernannte ihn 1943 zum "Ehrensenator".

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Fritz Todt

Fritz Todt, 1933

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

An Fritz Todt verlieh die Fakultät für Bauwesen der Technischen Hochschule 1938 einen Doktortitel ehrenhalber "in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste um das deutsche Straßenwesen und die bautechnische Erschließung und Sicherung des Großdeutschen Lebensraums". Damit war vor allem der von Todt geleitete Bau der Autobahnen gemeint. Der Ingenieur war ein überzeugter Nationalsozialist, schon 1922 war er in die NSDAP eingetreten. Bei der SA bekleidete er schon vor Hitlers Regierungsantritt eine leitende Position; als er 1942 bei einem Flugzeugabsturz starb, war er SA-Obergruppenführer, was dem Rang eines Generals entsprach. Todt hatte an der Technischen Hochschule studiert und war dort auch regulär promoviert worden. Im Jahr 1938, als ihn die TU darüber hinaus mit einem Ehrendoktor ehrte, gründete er die "Organisation Todt", eine uniformierte Bautruppe, die nach Kriegsbeginn vor allem Militäranlagen im besetzten Europa errichtete und dabei zunehmend auf Zwangsarbeiter zurückgriff.

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Wilhelm Messerschmitt

Willy Messerschmitt, 1938

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

Ebenfalls 1938 ehrte die Fakultät für Maschinenwesen Wilhelm Messerschmitt mit einem Ehrendoktor, und zwar "in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste um die Entwicklung des deutschen Flugzeugbaues". Der Ingenieur war Absolvent und Honorarprofessor der Technischen Hochschule sowie damals Chef des von 1938 an nach ihm benannten Augsburger Unternehmens; 1942 legte er dessen Vorsitz nieder. Messerschmitt gilt als Luftfahrt-Pionier, forderte aber auch den Einsatz von Zwangsarbeitern in der Luftrüstung und begrüßte es, dass KZ-Häftlinge zur Arbeit an den Flugzeugen gezwungen wurden. Einige von ihnen starben dabei. Diese Verstrickung überschattete 2006 die Verlängerung der U 6 nach Garching: An der Haltestelle Forschungszentrum erinnert eine Ehrentafel an Messerschmitts Leistungen; sie wurde nach Kritik zumindest um einen Hinweis auf die Toten ergänzt. Auf der Internetseite der TU gilt Messerschmitt als "Gründungspionier", also als Vorbild heutiger Start-up-Gründer.

© SZ.de/haeg
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