Technische Universität:Ganz langer Umzug

Als sechste und letzte Fakultät der Technischen Universität zieht die Elektro- und Informationstechnik aus der Innenstadt auf den Campus nach Garching - 50 Jahre nach dem Entschluss, dort alle Natur- und Technikwissenschaften zu bündeln

Von Jakob Wetzel

Es ist der letzte große Umzug der Technischen Universität (TU): In wenigen Jahren soll die Fakultät für Elektro- und Informationstechnik als sechste und letzte Fakultät die Innenstadt verlassen und auf den Forschungscampus Garching ziehen - und jetzt werden diese Pläne konkret. An diesem Freitag kürt die TU einen Sieger im Architektenwettbewerb für die neue Fakultät. Schon im kommenden Jahr sollen die Arbeiten beginnen, 2020 soll der erste Bauabschnitt fertig sein, der Rest soll zeitnah folgen, auch aus Rücksicht auf die Studenten, wünscht sich TU-Präsident Wolfgang Herrmann. Für ihn krönt der Umzug ein jahrzehntelanges Projekt. Mit diesem wachse in Garching nun endlich alles zusammen, was zusammengehört.

Die Fakultät für Elektro- und Informationstechnik ist mit etwa 4000 Studenten und 46 Professoren laut TU die größte ihrer Art in Deutschland. Entsprechend groß ist das Bauprojekt ausgelegt: In zwei Abschnitten sollen für insgesamt 270 Millionen Euro 44 000 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. Der erste Bauabschnitt mit etwa 7000 Quadratmetern soll etwa 50 Millionen Euro kosten; in das Gebäude sollen fünf Forschergruppen einziehen. Die Studenten folgen später: Um unnötiges Hin- und Herpendeln zu vermeiden, bleibe der Lehrbetrieb bis auf Weiteres auf dem TU-Stammgelände an der Arcisstraße, sagt Herrmann. Er werde erst verlagert, wenn in Garching wirklich alles fertig ist.

Die neue Fakultät soll westlich der Fakultät für Maschinenwesen entstehen. Bislang befinden sich auf dem Grundstück ein Acker und ein Parkplatz; um die Stellplätze zu ersetzen, sind Parkhäuser geplant. Und auch für die Nachbarschaft gibt es Pläne: Neben der neuen Fakultät will die Fraunhofer-Gesellschaft ein Institut für digitale Sicherheit errichten, und auch Siemens plant eine Forschungsanlage - in Sichtweite zum US-Konkurrenten General Electric, der schon seit 2004 sein europäisches Forschungszentrum auf dem Campus betreibt.

Doch für die TU ist der Umzug der Fakultät weit mehr als nur ein Bauprojekt. Für sie setzt er einen Schlusspunkt: Erst mit ihm wird die vor mehr als 50 Jahren geborene Idee, in Garching alle Natur- und Technikwissenschaften der Uni zu bündeln, Wirklichkeit. Die TU verspricht sich davon nicht zuletzt eine erheblich bessere Kooperation zwischen den Fachrichtungen.

Schon jetzt organisiert die Universität ihre Fakultäten nach US-amerikanischem Vorbild in "Departments", in denen die Zusammenarbeit einfacher sein soll als zwischen traditionellen Lehrstühlen, deren Inhaber unabhängig voneinander forschen und lehren. Außerdem betreibt die TU interdisziplinäre Forschungszentren und Institute wie die "Munich School of Engineering", in die Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen eingebunden sind. Der Umzug aber biete ganz neue Möglichkeiten, sagt Herrmann. Gerade in der Elektro- und Informationstechnik gebe es viele Anknüpfungspunkte für Physiker, Maschinenbauer, Informatiker, Chemiker und Mathematiker, ob zum Beispiel in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen oder auch bei der Forschung an einem intelligenten Stromnetz, das die Schwankungen in der Erzeugung von Wind- und Solarenergie ausgleichen kann. Die Fakultät sei deshalb in Garching unverzichtbar: "Sie wird den Campus abrunden."

Das Projekt Garching begann für die TU 1957 mit dem Bau des ersten Forschungsreaktors, des "Atom-Eis" - eigentlich aber dann erst in den Sechzigerjahren. Waren 1952 noch etwa 4200 Studenten an der damaligen Technischen Hochschule immatrikuliert, hatte sich diese Zahl zehn Jahre später bereits mehr als verdoppelt. In der Innenstadt wurde es eng; es gab damals sogar Pläne, die komplette Hochschule auf die grüne Wiese nach Garching zu verlegen. Priorität erhielten dann die Natur- und Technikwissenschaften: In den Siebzigerjahren bezogen die Fakultäten für Physik und Chemie ihre neuen Gebäude. Weil der Freistaat Bayern aber in der Folge lieber in neue Unis und Fachhochschulen investierte als in den Umzug, blieb es zwei Jahrzehnte lang dabei. Erst 1997 bezog die Fakultät für Maschinenwesen ihren Neubau in Garching, 2002 folgten die Fakultäten für Mathematik und Informatik.

Mit der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik wird der Campus nun endgültig zum Schwerpunkt der TU. Weitere Umzüge seien nicht geplant, beschwichtigt Herrmann: "Es ist nicht so, dass die gesamte Universität nach Garching geht. Wir werden mit München und Weihenstephan weiterhin drei große Standorte haben." Doch schon jetzt studieren 15 000 der 39 000 TU-Studenten in Garching; bald wird es jeder zweite sein. Von den 13 Fakultäten werden sechs ihren Sitz in Garching haben - auf dem Stammgelände an der Arcisstraße sind es mit den Fakultäten für Architektur, Bauingenieurwesen und Wirtschaftswissenschaften künftig nur noch drei.

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