Tchibo als Konzertveranstalter:Angriff auf die Platzhirsche

Ein Kaffeeröster auf Abwegen: Der Tschibo-Konzern versucht sich erneut im Musikgeschäft und macht mit seiner "Soul-Divas"-Tour den eingesessenen Konzertveranstaltern Konkurrenz. Doch die nehmen's erstaunlich gelassen.

Von Oliver Hochkeppel

"Mit diesem einzigartigen Angebot setzt Tchibo seine Tradition, ständig neue exklusive Produkte einer breiten Masse zugänglich zu machen, auch im Event-Bereich fort." So klingt es, wenn der Hamburger Kaffeeröster Tchibo seinen neuesten Coup anpreist: die exklusive Deutschland-Tour der drei Soul-Diven Whitney Houston, Dionne Warwick und Natalie Cole, die am Freitag in der Münchner Olympiahalle Station macht. Vielleicht ist man sich bei einem guten Tässchen Kaffee einig geworden mit dem Gesangsstar Houston, der sich nach Drogenentzug und Ehekrisen im Karrieretief befindet, trotz eines gerade von Michail Gorbatschow überreichten "Women's World Award" für das Lebenswerk.

Beim Versuch, neben dem Verkauf von Golfschlägern, Uhren oder Billigschmuck nun auch ins Musikgeschäft einzusteigen, hat der Konzern allerdings Lehrgeld bezahlen müssen. War im vergangenen Jahr der Versuchsballon mit Luciano Pavarotti zum Schnäppchenpreis noch prächtig gelaufen, hat man sich bei den schon deutlich teureren Diven (39 bis 79 Euro plus 14 Prozent für eine ominöse "Servicegebühr") offensichtlich verkalkuliert: Die vier ursprünglich am Brandenburger Tor, in der AOL-Arena, der Schalke-Arena sowie im Olympiastadion geplanten Konzerte mussten aufgrund der schleppenden Nachfrage in die großen Hallen von Oberhausen, Hamburg und München verlegt werden, der Berlin-Gig wurde mangels Ausweichquartier ganz abgesagt.

Vielleicht deswegen geben sich die alteingesessenen Münchner Konzertveranstalter betont gelassen, wenn man sie auf die neue Konkurrenz anspricht. "Wir sehen das nicht wirklich als Bedrohung", meint etwa Birgit Roth-Wiehler von PGM. "Es war ziemlich klar, dass das mit den drei Diven im Stadion nicht funktionieren würde. Letzten Endes ist das eine Promotion-Geschichte, die überhaupt nur mit bestimmten Künstlern machbar ist."

So sieht es auch Shamma Laiquddin von Shamma Concerts: "Wir haben von Anfang an die Zusammenstellung nicht gelungen gefunden. Alle drei bedienen ja dieselbe Zielgruppe, wie wollen sie da so viele Tickets absetzen. Außerdem kaufen die Leute Konzertkarten lieber bei ihrer gewohnten Vorverkaufsstelle oder direkt im Internet, ohne sich groß zu Tchibo durchklicken zu müssen. Wir haben selbst vor ein paar Jahren Ticketverkauf per Post probiert - witzigerweise war das auch Whitney Houston -, das hat auch nicht funktioniert. Ich bin deshalb nicht besonders ängstlich, was diese Konkurrenz angeht."

Angriff auf die Platzhirsche

Die Platzhirschen haben es also wieder mal vorher gewusst? Immerhin, Klaus Böhnisch - er präsentierte zum Beispiel gerade George Benson in München - wirkt nachdenklicher: "Es kann uns überhaupt nicht gleichgültig sein, wenn einer Konzerte macht, der kein Geld damit verdienen muss. Das läuft ja unter Sponsoring, und das mit einer Werbepower, von der die meisten Veranstalter nur träumen können.

Tchibo hat mit einer Million für die Plakatierung keine Probleme, weil sie das so oder so ausgegeben hätten. Bedenklich ist vor allem, wenn das wie diesmal an den Veranstaltern und Plattenfirmen vorbeiläuft. Das sind ja die, die die Tagesarbeit machen und die Basis schaffen. Schade, dass Künstler bei so was überhaupt mitmachen." Da sei es auch nur wenig beruhigend, dass "das Konzept falsch und das Paket völlig überteuert war".

Von einem "Desaster", wie anderswo zu lesen war, will Tchibo-Sprecher Joachim A. Klähn jedenfalls nichts wissen. "Bei vielen solcher Kommentare schwingt der Neid mit, dass wir mit neuartigen Angeboten doch immer wieder Erfolg haben. Sicher, der miserable Sommer und auch der Zeitgeist waren gegen uns, was die Stadien betrifft. Aber die Hallen sind immerhin ausverkauft."

Was Tchibo in Sachen Musik demnächst vorhat, will Klähn nicht verraten. "Aber wir schauen, ob wir etwas besser machen können. Da geht es sicher auch um die Zusammenarbeit mit anderen." Vielleicht kommt der ein oder andere Konzertveranstalter dann ins Grübeln. Oder er sitzt plötzlich mit im Boot.

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