Angela Aux:Ein Künstler im Vollgasmodus

Angela Aux: Aufgepasst, dass nichts daneben geht: Angela Aux.

Aufgepasst, dass nichts daneben geht: Angela Aux.

(Foto: Sophie Wanninger)

Florian Kreier gehört zu den großen Künstlern und Netzwerkern der bayerischen Subkultur. Nun veröffentlicht er als "Angela Aux" sein drittes Soloalbum

Von Martin Pfnür

Rege Betriebsamkeit herrscht im Quartier des Münchner Veranstaltungsprojekts "Hauskonzerte". Denn einerseits ist hier, in einem lauschigen Hinterhofhäuschen Ecke Hauptbahnhof gerade Mittagszeit, in der Kochecke brodelt schon der Reis. Andererseits sind Florian Kreier und seine Band, bestehend aus Drummer Marcus Grassl (sonst Gitarrist bei Kreiers Zweitband Aloa Input), Bassist Joe Dobroschke (sonst Sänger bei Dobré) sowie Peter Pazmandi (einst Keyboarder bei Sorgente) eben noch nicht ganz durch mit ihren Proben.

Ob es denn okay wäre, wenn sie noch einen Song spielen? So sitzt man also kurz darauf im hauseigenen Studio, um einem sehr zarten, sehr melancholischen Lied namens "Simone Please" zu lauschen. Zwei Mal rutschen sie durch das Stück, feilen am Harmoniegesang und an der Basslinie, die Kreier gerne simpler und ruhiger hätte, da der Song ja auch ein ruhiger ist.

Ruhe, das ist ein Schlüsselbegriff, wenn man auf das Album "Wrap Your Troubles In Dreams" zu sprechen kommt, das Kreier kürzlich als Angela Aux auf dem Label Millaphon veröffentlichte. Es ist sein drittes als Solomusiker, und es markiert eine Art sanften Bruch. Zwar herrscht in den Songs noch immer diese zurückgelehnte Grundstimmung, die Kreier mit seinem Melodiegespür und seiner linden Stimme herstellt. Doch wo der Songwriter seine ersten beiden Alben mit einer Vielzahl an Sounds und Samples anreichert, gerät "Wrap Your Troubles In Dreams" zu einem erhabenen Rückzug in die folkige Reduktion.

Meist hört man da nur eine akustische Gitarre, ab und an erklingen Violinen, und nur selten pluckert noch ein Beat durch die warme, analoge Klangszenerie, welche Kreier mit Zeilen konterkariert, die er allesamt irgendwo aufgeschnappt und weiterverarbeitet hat, um mit ihnen die Verlorenheit des Menschen in einer Welt im Abwärtsstrudel widerzuspiegeln. Das Album, es sei sein Gruß an jene Songwriter, die ihn seit jeher begleiten, sagt er, ein Gruß an Leonard Cohen, Lou Reed, Elliot Smith, Nick Drake oder Neil Young.

Der Weg, der ihn zu dieser kontemplativen Musik führte, war indes ein verschlungener, manchmal auch steiniger. Wie das damals angefangen habe in Grassau bei Traunstein? Kreier antwortet in Form eines gewaltigen Erzählstroms quer durch die Jahre. Da ist die Stotterei, die ihn als Kind runter in den Keller zu den Beatles-Platten trieb. Da ist die Mutter, die ihn schon früh im Harmoniegesang förderte; der Opa, der in Kriegsgefangenschaft bei den GIs Gitarrespielen lernte und so der erste Gitarrenlehrer des Enkels wurde.

Es folgte der Punk, der Hip-Hop, das erste Rap-Duo, die Ska-Punk-Band Bradleys H zusammen mit Stefan Dettl, und schließlich ein Umzug nach München, der Kreiers Umtriebigkeit noch einmal auf ein anderes Level hob. Denn falls sich das hier noch nicht angedeutet haben sollte: Florian Kreier ist ebenso sehr Netzwerker wie Vollblutkünstler.

Einer, der sein Studium mit dem Ziel beginnt, damit die Qualität der eigenen Texte zu fördern. Einer, der als Heiner Hendrix herrlich krude Gedichte und Kurzgeschichten veröffentlicht und rare Platten auflegt. Einer der seit 2007 das multimedial geprägte Festival "Panama Plus" veranstaltet und nebenher auch noch musikjournalistisch, solo und bei der mittlerweile aufgelösten "Elektro-Kraut-Funk-Hop"-Band L'Egojazz tätig ist. Und leider auch einer, der all das plus Brotjob so lange mit einer derartigen Verve betreibt, bis er schließlich zusammenklappt. Schwindelanfälle, Panikattacken, Burnout stehen hier als Ergebnis eines Studium-Endspurts im Vollgasmodus.

Sein Körper habe ihn mit dieser Reaktion wieder in die richtige Spur gebracht, sagt Kreier, der heute beim BR die Rubrik "Bayerische Band der Woche" betreut. Was jedoch nicht heißen solle, das er es jetzt ruhiger angehen ließe, dafür habe er einfach viel zu viel Spaß daran, Leute zusammenzubringen, und etwas Neues entstehen zu lassen. Die nächsten Platten als Angela Aux und mit Aloa Input, sie seien bereits in Arbeit.

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