Tarifreform:MVV plant Ticket für Schüler und Auszubildende

Tarifreform: Vor einem Jahr haben Münchner Schüler mit Flugblättern gegen die aus ihrer Sicht unfairen Preise im Nahverkehr protestiert.

Vor einem Jahr haben Münchner Schüler mit Flugblättern gegen die aus ihrer Sicht unfairen Preise im Nahverkehr protestiert.

  • Der MVV will ein Ticket für Schüler und Auszubildende anbieten, welches im gesamten Netz gilt.
  • Das Problem: Damit kein Verlust entsteht, müsste das Ticket 690 Euro pro Jahr kosten.
  • Zum Vergleich: Das volle Semesterticket für Studenten kostet derzeit 193 Euro plus 67,40 Euro Solidarbeitrag im Halbjahr.

Von Andreas Schubert

Besser, einfacher, günstiger: Mit der Tarifreform des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) soll das Angebot für Jugendliche und Auszubildende deutlich attraktiver werden. Der MVV plant ein Ticket, das für Schulwege und Ausbildungsfahrten ebenso gelten soll wie für Freizeitfahrten. Bisher allerdings gibt es noch gesetzliche Hürden des Freistaats zu überwinden. Bisher dürfen in Bayern nur bestimmte Schul- und Ausbildungswege staatlich gefördert werden.

Der MVV will das am liebsten ändern. Laut Norbert Specht, Bereichsleiter Marketing und Tarif, laufen bereits Gespräche mit dem Innenministerium, in die auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) einbezogen ist. Am Dienstag stellte Specht den Stand der Überlegungen zur MVV-Tarifreform im Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrats vor. Wenn alle Verkehrsunternehmen im MVV zustimmten, so Specht, sei eine Sonderregelung für den MVV möglich, die ein neues Ausbildungs- und Freizeitticket erlauben würde. Eine pauschale Gesetzesänderung für ganz Bayern lehnen der bayerische Städte- und der Landkreistag unterdessen ab, sie befürchten zu hohe Kosten für die Kommunen. Bevor der Freistaat jedoch Zusagen mache, warte er noch auf eine Stellungnahme des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, so Specht.

Dass es sinnvoll und notwendig ist, in einem Ballungsraum wie München die Mobilität junger Menschen zu verbessern, sieht auch der MVV ein. Doch über die Tarife ist noch zu reden. Specht rechnete vor, dass dem MVV bei dem oft vorgeschlagenen Jahresticket, das für das Gesamtnetz gültig sein und 365 Euro kosten soll, ein jährlicher Verlust von 45 Millionen Euro im Gesamtnetz entstünde. Allein im Innenraum läge der Verlust bei 20 Millionen Euro. Um solche Verluste zu vermeiden, müsste der Preis für ein netzweites Ausbildungsticket aber bei 690 Euro pro Jahr liegen. Die genannten Berechnungen basieren auf dem derzeitigen MVV-Tarifstand. Nach der Tarifreform könnte diese Verlustrechnung anders ausfallen.

Denn 690 Euro sind für Auszubildende und Schüler eine Menge Geld, gerade wenn man die Summe mit dem Semesterticket vergleicht, das nach Solidarprinzip finanziert wird und deshalb nur 193 Euro pro Halbjahr (plus 67,40 Euro Solidarbeitrag) kostet. Geht es nach dem Kreisjugendring München Stadt (KJR), soll der Ausbildungstarif im MVV deshalb günstiger werden. Am Dienstag hat die KJR-Vorsitzende Stefanie Lux dem Stadtrat die Forderungen ihres Verbands vorgestellt. Und die sind ganz einfach: Alle jungen Menschen in Ausbildung, die zwischen sieben und 26 Jahre alt sind, sollen ein einheitliches Jugend- und Ausbildungsticket bekommen. Das soll allerdings nur 440 Euro pro Jahr kosten.

Der Vorschlag des KJR für die Münchner Schüler und Azubis: Bis 14 Uhr soll das Ticket unter der Woche nur im Innenraum gelten, danach sowie an Wochenenden, Feiertagen und Ferien im Gesamtnetz. Gleichzeitig sollen die schon heute bestehenden Rabatte für junge Menschen unter 21 Jahren bei den Streifenkarten gelten. Noch einfacher wäre es laut Lux freilich, wenn es einen allgemeinen Münchner Schülerausweis gäbe, der zugleich als MVV-Ticket, Bibliotheks- und Mensakarte und für andere Bereiche funktionieren würde.

Dieser Vorschlag spielt bei den aktuellen Verhandlungen zur Tarifreform noch keine Rolle. Aber über die Preisgestaltung müssen sich die Gesellschafter im MVV, das sind die Stadt München, die Landkreise im MVV-Gebiet und der Freistaat, noch einig werden. Am 9. März wird es eine Sondersitzung des Verbundrates und der Gesellschafterversammlung geben. Sollte es zu einer Einigung kommen, muss der neue Tarif noch von den Kreistagen und dem Stadtrat abgesegnet werden.

Dann erst können sich die Verkehrsunternehmen daran machen, ihr Marketing umzustellen und die Software für die neuen Tickets umzustellen. Das dauert mindestens ein halbes Jahr, weshalb die Tarifstrukturreform nicht wie ursprünglich vorgesehen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 sondern frühestens im Juni 2019 in Kraft treten kann. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Gesellschafter in den bisher strittigen Punkten - Sozialticket, Preis für die Innenraumflatrate - noch in diesem Frühjahr verständigen.

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