Tagelöhner im Bahnhofsviertel:Grüne und SPD rudern bei Sicherheitsdienst-Zuschuss zurück

  • Im Bahnhofsviertel haben mehrere Geschäftsleuten einen Sicherheitsdienst beauftragt, Tagelöhner davon abzuhalten, die öffentlichen Gehwege zu blockieren oder sich in privaten Hinterhöfen aufzuhalten.
  • Der Wirtschaftsausschuss der Stadt hatte kürzlich beschlossen, diesen Dienst mit bis zu 20 000 Euro jährlich aus städtischen Mitteln weitgehend zu finanzieren.
  • SPD und Grüne distanzieren sich nun von ihrem eigenen Votum.

Von Thomas Anlauf

Der Beschluss im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats war einstimmig, doch nach der Abstimmung über die Finanzierung eines Sicherheitsdienstes im Bahnhofsviertel distanzieren sich SPD und Grüne von ihrem eigenen Votum. "Das war ein Fehler von uns", sagt Lydia Dietrich von den Grünen unumwunden. Ihre Fraktion habe die Problematik nicht erkannt oder hinterfragt.

Der von mehreren Geschäftsleuten engagierte Sicherheitsdienst ist seit einem Jahr beauftragt, Tagelöhner davon abzuhalten, an der Ecke Goethe- und Landwehrstraße die öffentlichen Gehwege zu blockieren oder sich in privaten Hinterhöfen aufzuhalten. Der Wirtschaftsausschuss hatte kürzlich beschlossen, diesen Dienst mit bis zu 20 000 Euro jährlich aus städtischen Mitteln weitgehend zu finanzieren. Die Grünen wollen nun mit dem bisherigen Auftraggeber, der Theatergemeinde, sprechen und das Problem "entschärfen", wie Dietrich sagt.

Auch die SPD-Fraktion, die der Finanzierung des Sicherheitsdienstes zugestimmt hatte, rudert nun zurück. "Meine persönliche Begeisterung dafür ist sehr gering", sagt SPD-Stadträtin Simone Burger. Sie hätte es besser gefunden, wenn an der Kreuzung Streetworker eingesetzt worden wären. Die SPD-Fraktion habe im Vorfeld der Abstimmung "eine kritische Diskussion" mit dem zuständigen Wirtschaftsreferat geführt. Dort sei ihr jedoch zugesichert worden, dass es sich bei der Security-Stelle lediglich um eine "Lotsenfunktion" handle.

Sicherheitsmann oder Streetworker?

Der sogenannte Lotse solle den Arbeitssuchenden Tipps geben, wo sie sich hinwenden können, wo es Deutschkurse gibt oder wo sie das Beratungscafé finden, das im September an der Sonnenstraße eröffnen soll. Burger sieht die Finanzierung des Sicherheitsdienstes, der bislang 2500 bis 2700 Euro monatlich von Geschäftsleuten rund um die Kreuzung erhält, als "Probelauf". "Wir werden schauen, ob der funktioniert", sagt die Münchner Geschäftsführerin des Gewerkschaftsbunds DGB. Nach einem Jahr werde man womöglich darüber diskutieren müssen, ob der Einsatz eines Streetworkers an der Kreuzung nicht sinnvoller wäre.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Manuel Pretzl, betont, dass es sich bei dem Sicherheitsdienst nicht um "klassische Security" handle. Er solle den Tagelöhnern, die meist "unter selbstausbeuterischen Konditionen" arbeiten, lediglich den Weg in das künftige Beratungscafé weisen und Hilfestellungen geben. Der Sicherheitsdienst soll demnach abschrecken - und beraten.

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