Tag des offenen Denkmals:Gefragte Adresse

Die Villa des Malers Friedrich August von Kaulbach beherbergte schon Studenten, einen Gauleiter und einen amerikanischen Soldatensender. Heute residiert dort das "Historische Kolleg"

Von Alfred Dürr

Es ist eine Idylle, die man in so zentraler städtischer Lage kaum vermutet: Direkt hinter der Bayerischen Staatsbibliothek an der Ludwigstraße und in unmittelbarer Nähe des Englischen Gartens liegt das repräsentative Gebäude im Stil der italienischen Renaissance mit dem großen Garten in friedlicher Stille. Das stattliche Anwesen hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Wer es besichtigen will, kann nicht einfach in das Haus spazieren. Für die Öffentlichkeit sind die Türen dieses Kulturdenkmals meist verschlossen. Am kommenden Wochenende bietet sich Interessierten die seltene Gelegenheit, die Räume der Kaulbach-Villa an der Kaulbachstraße 15 in der Maxvorstadt kennenzulernen.

In der Geschichte versunken ist dieser Ort keineswegs. Man könnte das angesichts des Erscheinungsbildes der Immobilie und seiner Bewohner vermuten. Seit 1988 hat das "Historische Kolleg" hier seinen Sitz. Das renommierte Institut gibt es seit 1980, gefördert wurde es damals von der Deutschen Bank. Es gewährt Experten Stipendien für Buchprojekte und veranstaltet Kolloquien oder Vorträge. "Wir verstehen uns als ein lebendiges Zentrum der historischen Forschung", sagt Elisabeth Hüls vom Kolleg. Alle drei Jahre vergibt die Institution eine Auszeichnung, die sich als deutscher Historikerpreis etabliert hat. Im kommenden November erhält ihn Karl Schlögel, hauptsächlich für sein Buch "Terror und Traum. Moskau 1937".

Bedeutsam ist dieses Gebäude also, auch wenn es nicht die Aufmerksamkeit bekommt wie die drei anderen Künstlerhäuser in München. Dazu zählen das Lenbachhaus, in dem sich seit 1924 die Städtische Galerie befindet, das Hildebrand-Haus mit dem städtischen Literaturarchiv Monacensia und die Villa Stuck, die seit 1992 ein städtisches Museum ist.

Die prächtige Wohnstätte das Malerfürsten Friedrich August von Kaulbach (1850 bis 1920) entstand in den Jahren 1887 bis 1889 nach den Plänen eines der bedeutendsten Architekten der damaligen Zeit, Gabriel von Seidl. Er orientierte sich am Stil römischer Herrschaftshäuser. Kaulbach war in der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg ein Star unter den Porträt- und Genremalern. Für seine Werke musste viel Geld bezahlt werden. Der mit der Malerei verbundene finanzielle Erfolg ermöglichte die Errichtung der Villa in der ehemaligen Oberen Gartenstraße, die noch während der Bauzeit des Hauses nach dem Historienmaler Wilhelm von Kaulbach, dem Großonkel von Friedrich August, umbenannt wurde.

Tag des offenen Denkmals: Ein idyllisch gelegenes Haus mit einem großen Garten.

Ein idyllisch gelegenes Haus mit einem großen Garten.

(Foto: Catherina Hess)

Architekt Seidl plante für das Anwesen ein ungewöhnlich großes Atelier, dessen Fläche von 132 Quadratmetern sich über zwei Stockwerke erstreckte. Heute ist dieser Raum Bibliothek und Vortragssaal. Bemerkenswert sind in dem Haus vor allem auch die reichen Stuckateur- und Vergolderarbeiten. Über eine Freitreppe erreicht man den großzügig angelegten Garten, der bis zur Bayerischen Staatsbibliothek reicht. Elisabeth Hüls verweist mit einem gewissen Stolz auf die Rotbuche, den einzigen noch aus der Kaulbach-Zeit stammenden Baum. Er ist inzwischen ein eingetragenes Naturdenkmal. Die alten Bäume im hinteren Teil des Gartens wurden im Zweiten Weltkrieg durch die Schuttmassen der Staatsbibliothek zerstört.

Nach Kaulbachs Tod im Jahr 1920 wurden in dem Haus die Kunstgegenstände aufbewahrt, die sich im Lauf der Zeit angesammelt hatten. 1929 kamen sie bei einer Versteigerung unter den Hammer. Die Witwe des Malers, Frida, lebte mit ihren Töchtern vorwiegend im Sommerhaus Kaulbachs, in der Nähe von Murnau. 1931 verkaufte sie schließlich die Villa in München an eine Studentenverbindung. Diese nahm verschiedene Umbauten im Haus vor, teilweise in "wenig schonender Weise", wie es in einer Beschreibung heißt.

Ein erneuter Umbau fand statt, als 1937 der Freistaat Bayern die Kaulbach-Villa erwarb. Es zog der Staatsminister des Inneren und Gauleiter des sogenannten Traditionsgaues München-Oberbayern, Adolf Wagner, ein. Er wohnte bis 1944 hier. Das frühere Atelier diente ihm als Arbeits- und Empfangszimmer. Berichtet wird in der Historie des Hauses über die reichhaltige Innenausstattung, für die Gerdy Troost, die Witwe von Hitlers Architekten Paul Ludwig Troost (Parteibauten am Königsplatz, Haus der Kunst), verantwortlich war. An einer Seite des Ateliers sei ein eigener Filmvorführungs-Raum angebaut worden. Am Tag der Eröffnung des nahe gelegenen "Hauses der Deutschen Kunst" an der Prinzregentenstraße seien Haus und Garten vom neuen Besitzer der Kaulbach-Villa erstmals für eine größere gesellschaftliche Veranstaltung genutzt worden. Auch Adolf Hitler sei da gewesen. Später sei er häufiger als Gast gekommen, vor allem zu Filmvorführungen.

Tag des offenen Denkmals: Prachtvolle Deckenbemalungen zieren die Villa des Malers.

Prachtvolle Deckenbemalungen zieren die Villa des Malers.

(Foto: Catherina Hess)

Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass sich in der Kaulbach-Villa danach auch ein großes Hörfunk-Studio befand. Denn unmittelbar nach Kriegsende machte hier in dem durch Brandbomben nur gering beschädigten Haus der amerikanische Soldatensender AFN (American Forces Network) Programm - fast 40 Jahre, bis Mitte November 1984.

Schließlich beginnt die Geschichte des Historischen Kollegs. Dieses war nach seiner Gründung zunächst in einer Etage eines Hauses an der Sonnenstraße, Ecke Schwanthalerstraße, untergebracht. Die Stadt leistete finanzielle Unterstützung. Schon seit einiger Zeit hatte man sich um ein repräsentatives Domizil für das Kolleg bemüht. Der Auszug des Soldatensenders AFN war die Chance. Die ruhige Lage des Hauses bot optimale Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten, mit der Staatsbibliothek sowie anderen Bibliotheken der Universität und dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv in der Nachbarschaft. 1984 beschloss der Bayerische Ministerrat, in der Kaulbach-Villa das Historische Kolleg unterzubringen. Der Denkmalexperte Otto Meitinger machte sich mit einer Architektengemeinschaft daran, das Haus behutsam zu sanieren. Bei der Eröffnung des Kollegs ging Meitinger auch auf die sinnvolle Nutzung von Baudenkmälern ein. Bei der Künstlervilla an der Kaulbachstraße könne man in dieser Hinsicht von einem Glücksfall sprechen.

Die Kaulbach-Villa ist am Sonntag , 11. September, zwischen 10.30 und 16 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Führungen durch das Haus finden um 11, 13 und 15 Uhr statt. Treffpunkt ist jeweils am Brunnen im Garten.

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