Szene München:Zu heiß, zu nass, zu bunt

Multi-coloured dyes are thrown in the air by participants during Sydney's Color Run

Was ist ein Holi-Festival? Farbpulver rieselt auf Gesichter der Menschen, sie schreien "wooohoooo" und fotografieren sich gegenseitig.

(Foto: Reuters)

Festivalromantik gibt es nicht. Sie existiert nur in der Erinnerung oder in Woodstock-Dokus. Jetzt ist sowieso Herbst - das heißt: endlich keine Festivals mehr. Vor allem keine Holi-Festivals.

Von Christiane Lutz

Gott sei Dank ist wieder Herbst. Somit verschwinden alle Gründe, sich über Regen zu echauffieren, und alle Veranstaltungen, für die Sonne zwingend notwendig ist. Festivals beispielsweise stehen für mindestens sechs Monate nicht mehr auf dem Terminkalender. Was von zertrampelten Wiesen übrig blieb, kann sich mühsam zu regenerieren versuchen. Das ist ein Anlass zur Freude.

Festivalromantik existiert ohnehin nur in der Erinnerung und in Woodstock-Dokus. In Wahrheit ist es auf Festivals immer viel zu heiß, viel zu kalt, zu nass, zu eng, zu bunt. Ja, bunt. Denn seit einigen Jahren finden neben den zahllosen Super-Duper-Summer-Dingsbums-Festivals auch sogenannte "Holi-Festivals" statt. Holi, nicht holy, hat keineswegs irgendwas mit einer religiös motivierten Versammlung zu tun, sondern will sich auf ein indisches Frühlingsfest, ein Fest der Farben, beziehen. In Indien mag das Tradition haben und eine ganz ästhetisch Angelegenheit sein.

Manch einer ging grau nach Hause

Bei den Holi-Festivals hierzulande versammeln sich einfach feierwütige Menschen mit Alkoholbechern vor einer Bühne und schmeißen auf Kommando neongrünes, gelbes, rotes Farbpulver in die Luft. Dieses wirbelt kurz herum, rieselt auf Gesichter der Menschen nieder, sie schreien "wooohoooo" und fotografieren sich gegenseitig. Ein DJ legt dazu nicht selten das auf, was er für indische Musik hält, die staubige Menge tobt ein paar Stunden lang und dann gehen alle bunt nach Hause.

Am vergangenen Sonntag sollte in München das "Holi Gaudy Festival" stattfinden. Die Tickets waren verkauft, die Farbbeutel gefüllt. Blöd nur, dass es am Sonntag dauergeregnet hat. Das aber hielt die Veranstalter nicht davon ab, das Festival dennoch durchzuziehen, oder es zumindest zu versuchen. Laut Augenzeugen zuckten lediglich ein paar Hartgesottene vor der Bühne. Manch einer ging grau nach Hause. Holy Shit. Das ist keine indische Gottheit, sondern amerikanisch für: Wer im Regen steht, sollte nicht mit Farbbeuteln werfen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: