Szene München:Warum sind Masskrüge eigentlich größer als Kölschgläser?

Razzia bei Kölsch-Brauereien - Verdacht auf Preisabsprachen

Der Köbes ist in Köln für den Nachschub zuständig.

(Foto: dpa)

Der Kölner kann im Minutentakt nach frischem Bier greifen - der Münchner muss zum Vorratsgefäß greifen. Schuld daran sind: die vielen Volksfeste in Bayern.

Kolumne von Philipp Crone

Sitzt ein Münchner in einer Kölner Kneipe, fragt er sich zwangsläufig: Warum so kleine Gläser? Und zwar allerspätestens, wenn der Halblitergewöhnte mit automatisierter No-look-Bewegung die Finger einer Hand um sein Glas legt und erst einmal ins Leere greift, bis er die winzige Stange ertastet. Ein bekanntes Phänomen, seit Jahrzehnten macht sich der Bayer über das Kölsch lustig (Reagenzglas etc.). Aber was hat es damit auf sich?

Zunächst: Der Mengen-Angeber hat in Köln große Vorteile. Hier kann er am nächsten Tag erzählen, dass er 22 Bier getrunken hat, wenn sein bayerischer Mitbewerber im Land der 0,5-Liter-Zählung bei gleicher Trinkleistung nur auf acht und einen Schnitt kommt und auf der Wiesn gar nur auf vier. Wobei es wiederum für den Bayern einfacher ist, richtig mitzuzählen. Aber das ist natürlich reine Kneipenpsychologie ohne jegliche Grundlage (und die schadet beim Biertrinken nie).

In Wahrheit sind die Gefäßgrößen aus anderem Grund so unterschiedlich. Dafür muss man zurückblicken. Da in Bayern das Bier traditionell oft auf Volksfesten konsumiert wurde, gab es wegen der dort üblichen engen Bestuhlung schon immer ein Nachschubproblem. So erklären sich Bierexperten die Trinkeinheit der Mass damit, dass eine Bedienung es auf einem bayerischen Volksfest bei Weitem nicht so oft zum Trinker schafft wie ein Ober in Köln am Stammtisch.

Und in Biergärten kommt gleich gar kein Kellner vorbei, da müssten zum reibungslosen Durchtrinken längst Zweilitergläser eingeführt werden. Während auf den Tabletts im Rheinland im Minutentakt Kölsch-Stangen verteilt werden, muss der Münchner also zum Vorratsgefäß greifen. Und so hat der Kölner im Schnitt (die nichtbierische Bedeutung des Wortes) ein frischeres Bier vor sich, der Münchner dafür meist mehr.

Noch etwas spielt eine Rolle. Laut Branchenstatistik trinkt der Durchschnittsdeutsche pro Jahr 110 Liter Bier, der Bayer aber 200 Liter. Verteilt auf 1000 Kölschstangen wäre das im Biergarten logistisch kaum zu schaffen.

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