Szene München:Hat jemand meinen guten Vorsatz gesehen?

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Die meisten guten Vorsätze werden schnell über Bord geworfen. (Foto: Catherina Hess)

Er hört auf den Namen Detox, ist erst wenige Tage alt und im Pimpernel verloren gegangen.

Kolumne von Anna Hoben

Der Vorsatz ist weg. Ein Aushang, dieser Tage irgendwo in München: "Mein süßer, kleiner Vorsatz ist erst drei, vier Tage alt und hört auf den Namen Detox. Am Montag band ich ihn um 23 Uhr vorm Pimpernel an. Als ich kurz danach gegen 3 Uhr wieder rauskam, war er spurlos verschwunden. Er hat ein positives, gewinnendes Gemüt und ist sehr leicht zu begeistern. Sollten Sie ihn entdecken, sagen Sie ihm, dass es nur ein Bier war. Also fast, aber er soll sich jetzt mal nicht so anstellen und nach Hause kommen."

Die Neugier ist geweckt, also fix die Handynummer angerufen, die auf kleinen Zetteln zum Abreißen unter dem Text steht (für Hinweise). Gerne hätte man gefragt, ob der kleine Vorsatz inzwischen wieder zu Hause ist. Wenn ja, ob er so naiv war, das zu glauben, also das mit einen Bier im Pimpernel zwischen 23 und 3 Uhr? Wer von den beiden mittlerweile Reue zeigt? Der Vorsatzmacher, weil er den Vorsatz erst erdacht und nur drei oder vier Tage später gebrochen hat? Oder der kleine Vorsatz, weil er so kleinlich war und bei der ersten Meinungsverschiedenheit davongelaufen ist?

Vielleicht hätte man erfahren, dass der kleine Vorsatz sich nun seinerseits einen Vorsatz genommen hat: Großzügigkeit und Geduld mit seinem Schöpfer statt Kleinmut und Strenge. Vielleicht war er auch einfach gekränkt wegen des Namens, der ihm verpasst wurde. Wer will schon Detox heißen? Über all das hätte man gern geplaudert; leider ging nur die Mailbox ran. Der Vorsatzmacher scheint immer noch ernsthaft mit der Suche beschäftigt zu sein.

Geschichten vom Scheitern sind oft interessanter als die vom Gelingen. Spannender als die Frage, welche Vorsätze sich jemand genommen hat, ist die Frage, welche davon schon nach wenigen Tagen gescheitert sind - weil sie mehr über den Menschen aussagt. Vielleicht ging der Vorsatzmacher auch deshalb nicht ans Handy, weil er gerade im Sportstudio war.

Und vielleicht ist der Dialog dort abgelaufen wie bei folgendem Internetfundstück: "Ich möchte mich zum Fitness anmelden." - "Vorsatz zum Jahreswechsel?" - "Ja." - "Wir haben da einen Ein-Tageskurs mit Selfies im Angebot."

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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