Szene München:Prof. Dr. rer. nat. für Cocktailogie

Impression aus der Bar Gamsei.

Der Stoff, aus dem Münchner Cocktailträume gemacht sind: Rosmarin - und ein Bunsenbrenner (gesehen in der Bar Gamsei).

(Foto: Robert Haas)

Sie trinken noch Piña Colada? Dann wundern Sie sich nicht, wenn die Barkeeper die Nase rümpfen. Die schwören gerade auf Spekulatius-Wodka und Absinth-Zuckerwatte - selbstgemacht, die Maschine gehört in jede gut geführte Bar.

Eine Kolumne von Philipp Crone

"Ein Gin Tonic bitte." Das ist für den Barmann heute ja fast so, als ob man Franck Ribéry sagte: Schaffst du es, den Ball ins Aus zu bolzen? Alle Mixer dieses Landes, die etwas auf sich halten, rümpfen schon lange die Nase über Kollegen, die noch einen Piña Colada auf der Karte haben, ein Mexican Colada (mit Kahlúa) geht gerade noch. Nicht nur der Geschmack muss überraschen, sondern auch Zutaten und -bereitung.

Ein Beispiel aus einem der hippen Männermagazine (Schauspieler Clemens Schick auf dem Cover) mit einer hippen Geschichte (Wintercocktails) über einen hippen Bartender (Gregor Scholl) im (natürlich) hippen Berlin. Hier wird erstmal erzählt, worum es nicht geht (Unterhaltungssaufen nach der Arbeit). Nein, wichtig seien Ästhetik und Attitüde.

Also schlägt Scholl zum Beispiel den Drink Fairy Floss vor, eine Abwandlung des Sazerac, mit Absinth-Zuckerwatte (selbstgemacht, die Maschine gehört in jede gut geführte Bar!). Oder den Niklas' Zipfel, mit Spekulatius-Wodka (Keks in Wodka eingelegt). Den Burning Bötzow hingegen muss man zehn Tage in Bocksbeutel-Flaschen lagern, diese dann in eine Papiertüte stecken, die Tüte abbrennen und den Drink dann bei Rauchgeruch trinken.

Demnächst wird wohl auch der Gin Tonic wieder mit Hingebung gemixt, aber dann aus dem schnell noch handgeblasenen Glas (Glasbläserei gehört in jede gut geführte Bar). Gerade hat auch noch der Bartender Eric Tecosky (noch hipper als Scholl) begonnen, in seiner Bar in LA (noch hipper als Berlin) für den Dirty Martini (Gin, Wermuth, ein Schuss Olivenlake) einen eigenen Olivensaft zu vertreiben.

Über derartige Entwicklungen kann man in München nachdenken, während einem zum Beispiel ein Butterkeks-Cocktail zubereitet wird, mit Bourbon, Eiweiß und Kekskrümeln, vermischt und draufgeträufelt. Die spinnen, die Barkeeper, und zwar immer weiter.

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