Szene München:Nintendos für das Glockenbach

Screenshot aus "Super Mario World".

Mario und Yoshi gegen die Kanonenkugel: Screenshot aus "Super Mario World".

(Foto: Nintendo)

Kneipensport, das heißt in München: ein Eichelsolo mit zwei Obern wagen. Und nicht: auf eine Glotze starren und einen kleinwüchsigen Klempner steuern, der auf einem Dinosaurier herumreitet. Dabei sollte das Potenzial von Super Mario bei der Abendgestaltung nicht unterschätzt werden.

Eine Kolumne von Thierry Backes

Super Mario trägt einen ziemlich buschigen Schnurrbart, eine ziemlich große Mütze und eine Latzhose, die dermaßen uncool ist, dass sie schon wieder angesagt sein könnte. Das lässt nur einen Schluss zu: Super Mario ist ein Hipster. Und deshalb turnen er und sein bester Kumpel Yoshi am liebsten in Berlin herum - wo auch sonst?

Zuletzt wurden sie in einem Laden namens "Süß war gestern" gesehen, einer Erdgeschoss-Bar in Friedrichshain, in der mehr getanzt als geratscht wird. Dort findet sich in einer kuscheligen Sitzecke ein Röhrenfernseher, an den die Betreiber eine in die Jahre gekommene Spielekonsole angeschlossen haben. Super Mario ist der Titelheld einer populären Videospielewelt auf dem Super Nintendo Entertainment System, in den sich der geneigte Bargänger verwandeln kann, um sich ein paar Minuten (oder Stunden) von dem Gedränge auf der Tanzfläche zu erholen.

Nun kann man sich natürlich eine Frage stellen: Braucht München eine Kneipe, in der die Gäste auf eine Glotze starren und einen kleinwüchsigen Klempner steuern, der auf einem grünen Dinosaurier herumreitet, der rote Schildkröten frisst. Kneipensport, das heißt hierzulande: sechs schnelle Buden machen, Pfeile in die Triple 20 werfen oder ein Eichelsolo mit zwei Obern wagen.

Das ist alles richtig, doch wer so argumentiert, übersieht das enorme Flirtpotenzial von Super Mario. Der Spieler, der das Männlein mit einiger Souveränität über die Schokoladeninsel dirigiert und den geheimen Ausgang aus dem Wald der Illusionen kennt, findet bald Anschluss. So wird aus dem Nerd ganz schnell ein Hipster. Und der kann seiner Mama endlich zurufen: "Die ganzen Stunden vor der Konsole haben sich doch noch gelohnt."

Wir fordern: Nintendos für das Glockenbachviertel!

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