Szene München:Das richtige Bier im falschen Glas

Bierkrüge

Löst der Krug bald das Weißbierglas ab? Zumindest in einigen Münchner Biergärten ist es bereits so weit.

(Foto: dpa)

Weißbier gibt es immer häufiger im normalen Bierkrug. Das kann man natürlich trinken, aber schmeckt das?

Eine Kolumne von Korbinian Eisenberger

In diesen Tagen blitzt die Sonne über Münchens Dächern, und die Wirte servieren wieder im Freien. Gemütlich sollte es sein, doch am Ausschank kommt es an diesem Spätsommerabend zu einem Missverständnis: Er habe ein Weizenbier bestellt, warum er stattdessen ein Helles im Krug erhalten habe, entrüstet sich ein Gast. Die dunkle weißbierige Färbung seines Gebräus war ihm nicht aufgefallen - verwirrt hat ihn das untypische Behältnis.

Wie hier in der Hirschau oder etwa im Max-Emanuel-Biergarten wird Weißbier nicht mehr im fein-geschwungenen Glas serviert, sondern im rustikalen Krug. Als Gewohnheitsmensch könnte man sich über diese Entwicklung natürlich ärgern. Eine Weißwurst isst man schließlich auch nicht in der Semmel - zumindest galt das bisher. Mittlerweile verkaufen Metzger aber Weißwurst-Burger im Laden, eine rechtliche Handhabe gibt es dagegen genauso wenig wie gegen zu dicke Krüge: Über Biergefäße ist im Reinheitsgebot nichts vermerkt.

Warum die Weißbiergläser verschwinden

Der Bierexperte und Bierführer-Autor Harald Schieder hat zu diesem Phänomen Erkenntnisse gesammelt: Wo viel Bier fließt, komme es demnach häufig vor, dass hohe dünnwandige Gläser aus dem Sortiment verschwinden. Kompakte Krüge passen besser in die Spülmaschine und lassen sich schwerer zerdeppern. Die Glaswahl der Münchner Biergärten ist demnach einleuchtend weil materialsparend. Wäre da nur nicht dieser Gast, der jetzt an seinem Weißbier-Krug nippt und das Gesicht verzieht.

Irgendwie schmeckt es halt doch anders - reine Einbildung ist das jedenfalls nicht. Das sagt auch der Bierexperte: Der breite Rand eines herkömmlichen Bierkrugs lasse die Flüssigkeit nicht bis zur Zungenspitze durchdringen, da wo man am intensivsten schmeckt. Am abträglichsten für die obergärige Aromatik ist demnach, Weißbier aus dem Masskrug zu trinken, dort schwappt es in einer Welle direkt in den Schlund. Der Masskrug ist also eindeutig die geschmacksfreiste Variante des Biergenusses. Im Herbst ist das den Menschen aber wurscht.

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