Szene München:Der Fluch des Partybusses

Bar "Freebird" in München, 2014

Um mit einem Junggesellinnenabschied warm zu werden, hilft vor allem eins: Alkohol.

(Foto: Florian Peljak)

An Junggesellinnenabschieden hat der Gast genau eine Aufgabe: Der werdenden Braut einen schönen Abend zu bereiten. Ohne Rücksicht auf Geschmacksempfindlichkeiten.

Von Laura Kaufmann

Es gibt Münchner, für die ist es das Höchste, Samstagabend mit aufgestelltem Stehkragen in der 089-Bar zu tanzen. Es gibt Münchner, für die ist alles unterhalb der Cocktailkunst der Goldenen Bar unter ihrer Würde. Und es gibt Münchner, die finden beides affig und lehnen mit einem Bier in der Hand am Tresen der Favorit Bar.

Geschmäcker sind verschieden, die Stadt bietet jedem etwas. Wirklich jedem, denkt man unwillkürlich, einem amerikanischen Schulbus hinterherschauend. Beschlagene Scheiben, bunte Lichter. Für wen ist diese Form des Feierns eigentlich gedacht?

Wenig später landet die Einladung zu einem Junggesellinnenabschied im Postfach und man ahnt: Vielleicht hatten die Insassen des Busses keine Wahl. Vielleicht waren sie Gefangene eines fremden Geschmacks, den sie ausbaden mussten. Vielleicht gefiel es nicht einmal der werdenden Braut, in das gelbe Ungetüm gezwängt zu werden, irgendjemand hielt es eben für eine witzige Idee.

Der Gast ist da, um Freude zu verbreiten

Die eigene Meinung zur Notwendigkeit solcher Veranstaltungen gehört hier nicht her. Denn in erster Linie ist es Aufgabe des Gastes, der werdenden Braut einen schönen Abend zu bereiten, da hilft es sehr, dass gleich hinter dem Fahrer eine Bar Gin Tonic ausschenkt.

Schnell runter damit. Der Bus fährt quer durch die Stadt, was wegen der beschlagenen Scheiben völlig egal ist, er könnte auch auf einem Parkplatz in Großdingharting seine Kreise ziehen. Aber so bleibt der Außenwelt das Treiben innen verborgen, was es leichter macht, sich gehen zu lassen.

Nach einem Drink weckt es kindische Freude, durch einen fahrenden Bus hüpfen zu dürfen, ohne sich anschnallen zu müssen. Es lebe die Anarchie. Zweiter Drink: Toll, ja, die Backstreet Boys, da können alle mitsingen! Dritter Drink: Tanzen ist sicherer als sitzen, weil die johlenden Weiber durch das Busgewackel ständig ihre Drinks auf die Sitze verschütten.

Die Bustüren öffnen sich zischend. Die Tour könnte nun als kollektiver, halluzinogener Traum in angenehmer Erinnerung bleiben. Stattdessen gibt es ein Gruppenfoto vor dem Bus, das sicherlich sauber markiert mit allen Teilnehmern hochgeladen wird. Geschmäcker sind nun mal verschieden.

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