Szene München:Der Bottle-Train kommt nicht

Bier aus Mikro-Brauereien

Beim "Bottle-Train" gibt es vielleicht nicht ganz so viel Auswahl beim Bier wie auf diesem Bild, aber man kann bis 4 Uhr ordern.

(Foto: dpa)

Wer abends plötzlich Lust auf Süßigkeiten oder Bier hat, kann in München dank der Öffnungszeiten schon mal verzweifeln. Beim "Bottle-Train" kann man künftig bis 4 Uhr morgens noch ordern. Das ist sehr praktisch. Wäre da nicht die Sache mit dem Zug.

Eine Kolumne von Korbinian Eisenberger

Wer kennt das nicht: plötzlich überfällt einen die Lust auf Schokolade oder ein kaltes Bier, aber die Geschäfte haben schon zu und zur nächsten Tankstelle ist es zu weit. Die "For Your Convenience UG" verspricht einen Ausweg aus dieser "grausamen Situation". Hungrige und Durstige können sich jetzt nach Ladenschluss mit dem "Bottle-Train" behelfen, einem Wagen voller Drinks und Snacks.

Bei dem selbsternannten "All-You-Need-Lieferservice" kosten Katzenfutter oder Pampers zwar ein Drittel mehr als im Supermarkt, dafür ist die Bestell-Hotline von Donnerstag bis Samstag von 21 bis 4 Uhr freigeschaltet - und kostenlos. Mit einer Auswahl an Spirituosen, Zigaretten und Tiefkühlpizzen kündigt der Bottle-Train an, "ein starkes Bedürfnis der Kunden" zu befriedigen. Über 2000 Produkte umfasse das Sortiment. Karten- oder Barzahlung, kein Mindestbestellwert. Sehr praktisch, wäre da nicht die Sache mit dem Zug.

Ein Lieferdienst, der nicht ins Haus liefert

Denn wer vom "Bottle-Train" beliefert werden will, der muss sich seine Bestellung selbst abholen - und zwar immer zur vollen Stunde. Fällt um zwei Uhr früh die spontane Entscheidung, eine leere Kiste Bier mit neuem Material zu befüllen, muss der Besteller eine Stunde später stets in der Fraunhoferstraße 22 vor der Post stehen und seine Lieferung nach Hause tragen. Das hört sich reichlich unpraktisch an. Ein Lieferdienst, der nicht ins Haus liefert - ist das im 21. Jahrhundert überhaupt ein Lieferdienst?

Doch man sollte sich nicht voreilig über dieses vermeintliche Paradoxon lustig machen. Zumal das Unternehmen bereits angekündigt hat, "in naher Zukunft" weitere Liefer-Stationen einrichten zu wollen. Und überhaupt: Beim "Bottle-Train" handelt es sich bereits dem Begriff nach nicht um ein Flaschen-Taxi, sondern um einen Zug. Und da war es schließlich schon immer so: Wer ihn nutzen will, der muss selbst zur Haltestelle kommen.

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