Szene-Kolumne:Schleichts eich!

Szene-Kolumne: Nach einem Grillabend am Flaucher ist es in München schwer, noch einen Platz zum Feiern zu finden.

Nach einem Grillabend am Flaucher ist es in München schwer, noch einen Platz zum Feiern zu finden.

(Foto: Robert Haas)

Erst draußen fläzen und dann tanzen gehen? In München ganz schwierig. Die Clubs lassen einen nicht rein.

Von Korbinian Eisenberger

Für Münchens Feierabende braucht es in diesen Wochen eine Grundausstattung: Wer nicht gerade als Pilot mit Rollkoffer unterwegs ist oder als Anzugträger mit Aktentasche, hat meistens schon in der Arbeit die klassische Ausrüstung parat: Radl und Rucksack, Letzterer bestückt mit Badesachen und zwei Flaschen Bier. Damit die Sonne über der Stadt nicht ohne einen untergeht. Manchmal geht es dann wie von selbst: Der Abend wird länger und länger, der kommende Morgen im Büro rückt immer weiter in Vergessenheit - und irgendwann sagt einer: Wie wär's denn noch mit Feiern gehen?

Diese Frage ist berechtigt, aber nicht ganz ohne in München. In solchen Momenten zeigt sich nämlich, wie schwierig es hier ist, das eine mit dem anderen zu vereinen: Draußen chillen und anschließend drinnen feiern. Gut spüren kann man das an Dienstagen. Dann, wenn in der Innenstadt fast nur noch die Milchbar als Tanzlocation in Frage kommt. Am Haupteingang in der Sonnenstraße steht dann ein Türsteher, sieht Rucksäcke und rümpft die Nase. Aufmachen, so der Befehl. Darin, natürlich: Radlflasche, Radlhelm, nasse Badehose, leere Bierflasche. Die Analyse an der Tür: "Ihr seid so was von nicht cool." Die mit den Rucksäcken und ihre Begleiter mögen sich schleichen.

Die Milchbar verdient diese lobende Erwähnung, da sie sich ganz offenbar für die Bewahrung des Münchner Ausgehgeschmacks engagiert. Man erhofft sich dort bestimmte Gäste. "Dienstags erhalten alle Airline-Mitarbeiter (Piloten, Stewardessen, etc.) freien Eintritt" - damit wirbt die Milchbar im Internet. Flugpersonal statt Flaucherpublikum also. Fläzen am Milchhäusl und Dancen in der Milchbar hingegen? Nicht kompatibel. Die geballte Kompromisslosigkeit des Münchner Nachtlebens also, und die ist nicht nur in der Milchbar zu erleben. Die Stadt ist dann wie eine Mama, die ihr Kind schimpft, weil die Hose vom Rumräubern im Garten voller Erde ist. Wie soll aus so einem Saubub nur ein Pilot werden.

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