Szene-Kolumne:Raus aus dem Promillebereich

Von Philipp Crone

Chloé Merz hat vor einigen Wochen die "Made in GSA Competition" gewonnen, was ein wenig erstaunlich ist, weil es sich bei der Veranstaltung, die mehr nach einem Autorennen-Computerspiel klingt, stattdessen um einen international sehr anerkannten Cocktail-Wettbewerb handelt. Und da das Bar-Business noch immer in etwa so fest in der Hand von Männern ist wie die Autorennspielbranche, äußerte sich die 31-jährige Siegerin aus Basel auch gleich zur Frauenquote hinter dem Tresen. "Frauen bringen einen anderen Stil, eine andere Atmosphäre mit. Schade, dass sie in der Bar-Szene noch unterrepräsentiert sind. Je mehr Frauen hinter der Bar, desto besser." Und wie viele Frauen sind in München hinter der Bar?

Die Kolleginnen aus der Stadt des Schumann's sind zwar noch nicht sehr zahlreich, aber auch sie werden immer mehr. Ob in der Goldenen Bar oder in der Bar Gabanyi, ob in der High Bar oder in der Mitglieder-Bar Circle des Hearthouse, wo gleich zwei Bartenderinnen im Einsatz sind.

Zum Beispiel arbeitet in der Circle-Bar Julieta Henke aus Argentinien. Die 30-Jährige hat schon einige Jahre in ihrer Heimat gearbeitet, später in Brasilien und New York, derzeit wartet sie auf die Zusage einer Bar auf Hawaii, wechselt nun - das Barkeepergeschäft ähnelt mittlerweile dem der anderen Männerdomäne Fußball - für eine Zeit in die Bar Herzog. Sie habe das Gefühl, sagt Henke, dass die Szene schon noch immer eine Männerwelt ist, "obwohl auch gerade in München mittlerweile die Hälfte der Gäste Frauen sind", aber nur ein Bruchteil der Barkeeper. Auch die 31-jährige GSA-Preisträgerin Chloé Merz hat den Eindruck, dass "die Gäste noch immer einen Mann hinter der Bar erwarten".

Aber warum? In einer Stadt, in der Kellnerinnen mehr als zehn Mass gleichzeitig durch Zelte schleppen, kommt hoffentlich keiner auf die Idee, dass Frauen wie Julieta Henke den Cocktailshaker nicht ebenso kräftig und behende bedienen können wie Männer. Und was das Mischen angeht, sind Augenmaß und Volumengefühl oder Geschmack und kulinarische Kreativität mit Sicherheit nicht auf dem Y-Chromosom genetisch verortet.

Die Bars werden in München mit Frau Bartels, Helene, Theresa oder der Madame-Bar in München längst zumindest bei den Namen immer femininer. Insofern ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich neben dem Schumann's oder der Gabányi von Stefan Gabányi das Merz oder auch das Henke's etablieren.

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