Braucht's das? Man muss diese Frage unweigerlich stellen, wenn man sie sieht, mit ihren verdunkelten Fenstern und den Glitzersteinchen, die so penetrant ins Auge stechen. Braucht es diese Stretch-Limousinen in München, in dieser Stadt, die ja ihre schönen Seiten hat? Um dieser Frage nachzugehen, muss man mal neben einer Stretch-Limo hergefahren sein, am Abend, nach 20 Uhr. Die verdunkelten Fenster gehen manchmal auf, dann kann man reinschauen und zuhören.
Drinnen sitzen meistens junge Frauen mit lauten Stimmen. Und wenn sie an einem männlichen Wesen vorbeigefahren werden, dann kichern sie oder plärren etwas, das man genauso wenig als Kompliment auffasst, wie eine Frau, wenn ihr ein Betrunkener auf der Wiesn etwas hinterherpfeift. Aber wenn man in einer Stretch-Limousine sitzt, dann gehört das zum guten Ton, ganz offenbar.
Man könnte sich nun unheimlich aufregen darüber, dass Stretch-Limo-Passagiere die wahren Schurken des Nachtlebens sind, und im Ranking der Geschmacklosigkeiten sogar die Junggesellenabschiede mit ihren erniedrigenden Kostümen übertrumpfen. Wer sich im Babygewand an der Leine durch die Stadt führen lässt, beweist immerhin noch Mut, wer aber hinter dem Schutz der bunten Türen Papaya-Champagner schlürft, der muss sowohl vom Mut als auch von allen guten Geistern verlassen sein. So könnte man sich richtig schön in Rage schimpfen.
Klar, vielleicht ist die Frage nach dem warum ganz einfach, vielleicht streben die Frauen in einer Limousine nach dem Gefühl des Dazugehörens zur sogenannten Upper-Class, Koks statt Weed, High Society statt breite Mittelklasse, zumindest für einen Abend lang. Vielleicht ist es aber eher etwas ganz anderes: Das Erleben, mal auf der anderen Seite zu sitzen, zu spüren, wie es ist, wenn man nicht groß nachdenkt und jemandem im Schutz des Autos irgendwas anzügliches hinterher ruft. Denn ja, so etwas ärgert, nervt und verunsichert einen irgendwie, auch als Mann. Und so bitter sie auch ist: Für diese Lektion sind Stretch-Limos dann doch recht brauchbar.