Szenario:Unter Freunden

Szenario: Zum Hauptgang mit Reh, Pastinakenpüree und Wirsing bei der Gala der Freunde im Haus der Kunst gab's auch eine höchst unterhaltsame Kunst-Auktion.

Zum Hauptgang mit Reh, Pastinakenpüree und Wirsing bei der Gala der Freunde im Haus der Kunst gab's auch eine höchst unterhaltsame Kunst-Auktion.

(Foto: Robert Haas)

Gala-Dinner und Auktion: Ein Besuch bei der Preview der Ausstellung "Postwar" im Haus der Kunst

Von Evelyn Vogel

Fantastisch! Gigantisch! Unglaublich! Die Freunde des Hauses der Kunst sparen nicht mit Superlativen für die Ausstellung "Postwar", die sie bei einer Preview erkunden dürfen. Doch als sie nach etwa einer Stunde aus dem Ostflügel zum Gala-Dinner im Westflügel streben, fühlen sich viele erschlagen von der Fülle und auch überfordert von dem Anspruch, die Nachkriegskunst aus einem neuen, globalen Blickwinkel erforschen zu können. Ob die Ausstellung tatsächlich so gut ist wie angekündigt? Kaum einer mag das auf die Schnelle sagen, wenngleich einige Kenner auf echte Spitzenwerke hinweisen.

Einigkeit herrscht beim Freundeskreis aber in einem Punkt: Die Ausstellung ist eine Schau, die kaum ein anderer als Okwui Enwezor, jener "Weltbürger und global vernetzte Experte", wie Kunstminister Ludwig Spaenle ihn nennt, auf die Beine hätte stellen können. Nichts deutet mehr auf das Zerwürfnis hin, das den Verein vor zwei Jahren fast gesprengt hat. Der Streit damals wurde mehr verdeckt als offen mit Ressentiments gegen Enwezor als neuen Direktor des Hauses, seine Amtsführung und angeblich zu geringe Anwesenheit in München begründet. Diese Stimmen sind verstummt. Angesichts der monumentalen Ausstellung mit Kunstwerken aus der ganzen Welt weiß man Enwezors Reisetätigkeit wohl doch zu schätzen. Der am Ende der Auseinandersetzungen gewählte Vereinsvorsitzende Wolfgang Heubisch und seine Mitstreiter haben es geschafft, die Mitglieder wieder zu echten Freunden zu machen. Und wie man hört, sind etliche, die das Haus damals als Unterstützer verlassen haben und zu den Freunden der Pinakothek der Moderne wechselten, zurückgekehrt - oft mit Doppelmitgliedschaften. Bei so vielen Pin-Gesichtern bei der Haus-der-Kunst-Gala glaubt man das sofort.

Widerspruch erntet Heubisch allerdings, als er anmerkt, die meisten Anwesenden würden die gezeigte Kunst ja bestens kennen, seien sie doch im gleichen Zeitraum - zwischen 1945 und 1965 - geboren. Er hätte wohl nicht falsch gelegen, hätte er noch ein bis zwei Jahrzehnte davor dazugerechnet - auch wenn die Freunde im Haus der Kunst mittlerweile dem Vorbild von Pin folgen und ebenfalls eine Art "Young-Circle" aus der Taufe gehoben haben, um den Mitgliederkreis zu verjüngen.

Auf das doch teils schwergewichtige Kunstprogramm folgt während des Dinners eine sehr amüsante und geradezu leichtfüßige Auktion. Leichtfüßig auch deshalb, weil der international agierende Auktionator, Simon de Pury, mit seinem Hämmerchen nicht von einem Pult herab versteigert, sondern wie ein Entertainer zwischen den Bietern hin- und hereilt. Dass er dabei die Gebote mit einem immer wiederkehrenden "unglaublich" routiniert nach oben treibt, gefällt nicht nur den Freunden, sondern auch Okwui Enwezor. Denn schließlich kommt der Auktionserlös - die 100 000-Euro-Marke wird locker gerissen - dem Haus der Kunst zugute.

Das teuerste Los ist eine Kleinplastik von James Turell, die bei 19 000 Euro den Besitzer wechselt. Und Pury belässt es nicht bei der angesetzten Auktion, sondern greift auch noch in die "Stille Auktion" ein, bei der die Bieter anonym über Tablets mitsteigern. Eine Vorlesestunde in den eigenen vier Wänden für bis zu 99 Personen mit dem ehemaligen Hanser-Verleger Michael Krüger lässt sich ein Bieter 6000 Euro kosten. Was ist das schon - unter Freunden.

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