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Königin Silvia von Schweden begrüßte im Prinzregententheater die Zuschauer. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Royale Pflicht? Beim mehrtägigen Besuch des schwedischen Königspaares in München ist nicht zu erkennen, ob Silvia und Carl XVI. Gustaf ihre Auftritte wirklich genießen oder nach all den Jahren einfach nur unglaublich routiniert sind

Von Jana Stegemann und Philipp Crone

Der Adel ist seit 1918/19 in Deutschland abgeschafft - auch in Bayern. Titel gibt es nicht mehr, nur noch als Schmuck für den Nachnamen. An diesem Abend im Prinzregententheater könnte man aber den Eindruck bekommen, das Königreich Bayern existiere weiter: Es wimmelt vor "Von und Zus" - auf der Bühne, vor der Bühne. Das hat zum einen damit zu tun, dass das Benefiz-Gala-Jazzkonzert eine Art Wittelsbacher Familientreffen ist - nur dass noch eine Handvoll Münchner dazu eingeladen wurden. Und zum zweiten mit dem hohen Besuch: Das Konzert findet in Anwesenheit des schwedischen Königspaares statt. Silvia und Carl XVI. Gustaf sind seit Samstag in der Stadt. Und die Frage ist ein wenig: Kann man hinter die Fassade dieser Staatsbesuchprofis blicken, ein ganz klein wenig, und erfahren, ob zum Beispiel Silvia der Besuch ihrer früheren mehrjährigen Heimat eine Freude ist? Oder ist es doch einfach nur ein Job, den das Paar macht?

Es nieselt, als die schwedischen Royals um 20.22 Uhr in einer dunklen BMW-Kolonne vor dem Künstlereingang vorfahren. Ein paar Dutzend Zaungäste mit schwedischen Fähnchen erwartet sie. Als die Königin im mintgrün-glänzenden Jacquard-Kostüm mit Schößchenjacke aussteigt, lächelt sie. Natürlich. Dafür ist sie ja da. Aussteigen, lächeln, Hände schütteln, sprechen, lächeln, einsteigen. Und im besten Fall royale Bewunderung hinterlassen.

Es ist das typische Königin-Silvia-Gesicht, das man sieht: freundlich, verbindlich, warmherzig. Einstudiert über 40 Jahre. Anders ihr Ehemann, der fast erschrocken-starr in die Menge schaut. Aber die Zuschauer sind ohnehin nur wegen "Unserer Silvia" da, wie die Königin in der deutschen Berichterstattung heißt. Sie ist die Hauptperson des Abends, legt die rechte Hand aufs Herz und verschwindet im Künstlereingang des Theaters.

Ein Verdienstorden für Silvia: Ministerpräsident Horst Seehofer verlieh der Königin die zweithöchste Auszeichnung des Freistaats. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nach einem privaten Abendessen im Nymphenburger Schloss ist das der erste öffentliche Auftritt der Royals während ihres viertägigen Bayern-Besuchs. Im Inneren des Theaters warten bereits mehr als 1000 Zuschauer auf sie - darunter Mietwagen-Unternehmerin Regine Sixt, Schauspieler Elmar Wepper, CSU-Politiker Peter Gauweiler oder Daimler-Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Bischoff.

König Carl Gustaf nimmt in Begleitung von Franz Herzog von Bayern, dem Chef des Hauses Wittelsbach, in der Königsloge Platz. Nach einer Begrüßung tritt erst einmal der Neffe der Königin ans Mikro: Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern, derzeitiger Präsident der Konzertgesellschaft, erinnert an seinem im vergangenen Jahr verstorbenen Onkel. Johann Georg "Hansi" von Hohenzollern leitete die Konzertgesellschaft, die in diesem Jahr 30-jähriges Bestehen feiert und die Gala organisierte, bis zu seinem Tod. Er kritisiert, dass die öffentliche Hand sich mehr und mehr aus der musikalischen Förderung zurückgezogen habe. "Heute wälzt der Staat die Förderung auf Mäzene und Sponsoren ab."

Viele im Saal nicken. Dann tritt endlich die Königin ans Mikro: "Wir denken an Prinz Hans Georg voller Dankbarkeit als Mensch, als Familienvater, als Schwager und als Kunstexperte. Er hat uns viel von seinem Prinzregententheater erzählt. Wir sind dankbar, hier zu sein."

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Danach redet die Königin über ihre Stiftungen, mit ruhiger Stimme, fast leise, in einem weichen Singsang. Die 73-Jährige hält die ganze Zeit ihre Handtasche in der Armbeuge. Etwa eineinhalb Stunden später, nach dem Konzert, bei dem Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern am Saxofon mit Deutschlands ältester Jazzband spielt, ist beim Empfang das Thema des Abends: dass die Königin höchstpersönlich die Zuschauer begrüßt hat.

Noch beeindruckender ist da höchstens, neben der Polizei-Motorradstaffel mit insgesamt 18 Fahrzeugen, wie schnell das Paar am Montagnachmittag das Prinz-Carl-Palais betreten kann nach dem Aussteigen aus der Königskolonne. Im strömenden Regen stehen kleine Mädchen und eine junge Frau, sie hat einen gelb-blauen Blumenstrauß in der Hand. Doch die Königin schaut in den exakt 23 Sekunden, die sie vom Auto an den seit einer Stunde wartenden Menschen vorbei zum Palais braucht, genau einmal in die Runde. Es folgt ein Winken, bei dem sie nicht einmal den Arm hebt, und schon ist sie mit Horst Seehofer, der unter einem Regenschirm versucht, so lässig zu lächeln wie die Königin, drinnen verschwunden. Das muss man erst einmal schaffen: Aus dem Wagen ins Innere flüchten und dabei so wirken, als sei man höchst erfreut, da zu sein und angetan von der kleinen Fan-Schar im Regen. Guter Job.

Die Frau mit dem Blumenstrauß schaut Silvia hinterher und sagt etwas verträumt: "Schon enttäuschend", während ein zweijähriges Mädchen den Strauß, den es der Königin hätte übergeben sollen, fast erleichtert wieder an die Mama übergibt und leidenschaftlich in eine Pfütze am Eingang springt. Royale Bewunderung bleibt nicht übrig auf dem Platz, es bleiben nur nasse Klamotten und nicht überreichte Blumen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, dass Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern der Neffe der schwedischen Königin sei. Das ist falsch. Er ist der Neffe von Johann Georg von Hohenzollern, dem verstorbenen Schwager der Monarchin. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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